Der diesjährige Bericht von Reporter ohne Grenzen zu den Feinden des Internets bezieht sich nicht nur auf Staaten, sondern auch auf Unternehmen. «Nicht nur autoritäre Staaten, sondern auch westliche Unternehmen spielen eine wesentliche Rolle bei der Unterdrückung kritischer Stimmen und unerwünschter Informationen im Internet», teilte ROG mit. Neben den fünf Staaten hat die Organisation deshalb auch fünf Unternehmen mit der Negativauszeichnung bedacht.
Die fünf Staaten, die sich im vergangenen Jahr am deutlichsten als Feinde des Internets offenbarten, sind gemäss ROG Syrien, China, Iran, Bahrain und Vietnam. «Die Regierungen dieser Länder überwachen mithilfe von Späh- und Zensurtechnologie gezielt Journalisten und Medien», so ROG. «Damit sind sie verantwortlich für schwere Verstösse gegen die Presse- und Informationsfreiheit und andere Menschenrechte.»
In China würden beispielsweise Web-Anrufe, die über die lokale Version von Skype getätigt werden, gefiltert und unter Umständen mitgeschnitten oder blockiert. In Iran wiederum versuche die Regierung, ein vollständig überwachtes und zensiertes nationales Internet zu schaffen. Aber auch in demokratischen Staaten wachse die Bereitschaft, im Namen der Bekämpfung von Onlinekriminalität die Informationsfreiheit im Internet einzuschränken. So sei in den Niederlanden ein Gesetz in Vorbereitung, das der Polizei weitreichende Befugnisse geben würde, Computer online zu durchsuchen und Daten - sogar im Ausland - zu löschen.
Zu den fünf Unternehmen, die als Unterdrücker kritischer Stimmen betitelt wurden, gehören Gamma International (Grossbritannien/Deutschland), Trovicor (Deutschland), Hacking Team (Italien), Amesys (Frankreich) und Blue Coat (USA). Autoritäre Regimes würden Produkte dieser Unternehmen benutzen, um kritische Journalisten aufzuspüren, sie festzunehmen oder deren Webseiten zu blockieren, so die Nichtregierungsorganisation.
Mit einigen Produkten wie denjenigen von Blue Coat und Amesys können etwa Nutzerprofile erstellt werden oder es lässt sich der Zugang zu bestimmten Webseiten oder die Suche nach einzelnen Stichwörtern blockieren. Mit Programmen von Gamma oder dem Hacking Team wiederum lassen sich mithilfe sogenannter Staatstrojaner einzelne Journalisten, Blogger oder Dissidenten gezielt überwachen, indem die Programme etwa auf Festplatten zugreifen, Passwörter ausspionieren, E-Mails mitlesen und verschlüsselte Internettelefonate mithören.
ROG fordert die EU-Staaten deshalb auf, den Export von Zensur- und Überwachungstechnik generell zu kontrollieren. Die Organisation ist der Meinung, dass diese Technologien in das Wassenaar-Abkommen über Exportkontrollen für konventionelle Waffen und Dual-Use-Güter und -Technologien aufgenommen werden sollen. Massnahmen wie das Verbot des Exports von Soft- und Hardware zur Internetüberwachung nach Syrien und Iran seien zu wenig.