Die «Republik» ist vom Presserat gleich doppelt gerügt worden. Mit der dreiteiligen Serie «Zürcher Herzkrise» verletzte das Online-Magazin die Berichtigungspflicht und die Privatsphäre eines Protagonisten.
Ein leitender Arzt des Universitätsspitals Zürich hatte beim Presserat Beschwerde gegen die Artikel-Trilogie eingereicht. Der Arzt warf der «Republik» vor, ihn «aufs Schwerste» verunglimpft zu haben, indem sie falsche Vorwürfe verbreitet habe, die aus anonymer Quelle stammten.
Die Beschwerde hat Seltenheitswert. Schon nur in der Raffung des Presserats nimmt sie fast drei Seiten ein und betrifft die unterschiedlichsten Ziffern der berufsethischen Richtlinien.
Gegen den ersten und obersten Journalisten-Imperativ, die Wahrheitspflicht, konnte der Presserat keinen Verstoss feststellen. Die «Republik» habe die anonym erhobenen und tatsächlich schwerwiegenden Vorwürfe «mit grossem Aufwand» überprüft. Zudem habe sie den betroffenen Arzt mit den Vorwürfen konfrontiert und dessen Entgegnungen angemessen veröffentlicht.
Doch damit war die Story noch längst nicht gegessen. Denn nur wenige Tage, nachdem das Online-Magazin die Vorwürfe gegen den leitenden Zürcher Uni-Arzt publiziert hatte, präsentierte das Universitätsspital Resultate einer Untersuchung, die den Arzt entlasteten.
Auch die «Republik» nahm diese entlastenden Aussagen zwar auf und publizierte sie. Sie tat das aber mit einer Verzögerung von neun Tagen.
«Angesichts der Schwere der Vorwürfe ist das zu spät», schreibt der Presserat in seiner Stellungnahme. «Die ‚Republik‘ hat damit die Berichtigungspflicht verletzt. Es wäre der ‚Republik‘ zudem gut angestanden, diese neuen Fakten unmittelbar beim ursprünglichen Text zu veröffentlichen, statt in einem anderen, nicht verbundenen Artikel», so der Rüffel des journalistischen Sittenwächters.
Viel Raum in der Stellungnahme des Presserats nimmt die Frage ein, ob es journalistisch gerechtfertigt war, den Namen des Arztes in der Artikelserie zu nennen.
Man habe diesen Punkt «kontrovers diskutiert», schreibt das Gremium. Der Arzt hätte eine wichtige Funktion in einem vom Staat kontrollierten und von Steuerzahlern finanzierten Unternehmen gehabt. Zudem sei er in diesem Fall nicht einfach ein Whistleblower, sondern ein wichtiger und aktiver Akteur gewesen. Auch wenn er offenbar lange versucht habe, seinen Namen aus den Medien zu halten, habe er diese doch grosszügig mit seiner Sicht der Dinge beliefert.
«Trotzdem hilft die Namensnennung dem Publikum nicht, sich ein geeignetes Bild der Vorfälle zu machen», so die Abwägung des Presserats. Eine Anonymisierung hätte das Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht wesentlich tangiert, das Interesse am Schutz der Privatsphäre hätte überwogen, heisst es weiter.
Auch mit der Namensnennung hat die «Republik» damit gegen den Pressekodex verstossen.