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Freitag
03.06.2022

Medien / Publizistik

Wiktorija Roschtschina hat unter Zwang ihren russischen Häschern für die gute Behandlung während ihrer Gefangenschaft gedankt...       (Screenshot Twitter)

Wiktorija Roschtschina hat unter Zwang ihren russischen Häschern für die gute Behandlung während ihrer Gefangenschaft gedankt... (Screenshot Twitter)

Der französische Videoreporter Frédéric Leclerc-Imhoff ist am 30. Mai auf dem Weg zu Dreharbeiten in der Ostukraine ums Leben gekommen. Geschosssplitter durchschlugen die Windschutzscheibe seines gepanzerten Fahrzeugs und verwundeten den auf dem Vordersitz sitzenden Journalisten des Nachrichtensenders BFMTV tödlich am Hals, wie Reporter ohne Grenzen berichtet.

«Der Tod von Frédéric Leclerc-Imhoff verdeutlicht einmal mehr, welchen enormen Gefahren unabhängige Journalistinnen und Journalisten während der Berichterstattung in der Ukraine ausgesetzt sind. Die russische Armee führt einen gezielten Krieg gegen kritische Medienschaffende, um unabhängige Informationen aus dem Kriegsgebiet zu unterdrücken», erklärte dazu Christian Mihr, Geschäftsführer von RSF.

Zur Untersuchung dieser Kriegsverbrechen hat RSF am 27. Mai beim Internationalen Strafgerichtshof zum fünften Mal Strafanzeige gegen Russland eingereicht.

Seit Beginn der russischen Invasion wurden in der Ukraine insgesamt acht Medienschaffende getötet und 14 weitere verletzt. RSF dokumentierte mehr als 50 Angriffe, die mehr als 120 Journalistinnen und Reporter betreffen.

Zudem würden unabhängige Journalistinnen und Journalisten in den von Russland besetzten Gebieten massiv eingeschüchtert: In E-Mails oder Textnachrichten wird ihnen mit Prozessen, Gefängnis, Folter und Mord gedroht. Sie sollen so zur Beendigung der Berichterstattung gezwungen werden – oder zur Arbeit für die Besatzer.

Um Medienschaffende zur Kollaboration zu zwingen, wurden beispielsweise am 8. März etwa 50 Journalisten und Reporterinnen mehrere Stunden lang in einer Redaktion in Berdjansk festgehalten und verprügelt. Der Vater der ukrainischen Journalistin Switlana Salisetska wurde drei Tage lang als Geisel gehalten, um sie zur Kooperation zu bewegen.

Verschleppte Medienschaffende sind völliger Willkür ausgeliefert: Um wieder freigelassen zu werden, musste die am 12. März in Berdjansk festgenommene Hörfunkjournalistin Wiktorija Roschtschina ein Video aufnehmen. In diesem erklärt sie unter Zwang, dass die russischen Streitkräfte sie gut behandelt und ihr Leben gerettet hätten. Misshandelt wurde auch ein bei Kyjiw entführter Reporter von Radio France, der anonym bleiben möchte.

Mindestens zwei Journalisten überlebten die Verschleppungen nicht. Der leblose Körper des ukrainischen Journalisten Maks Levin wurde mit zwei Schusswunden am Kopf gefunden. Für internationales Entsetzen sorgte der Fall des litauischen Dokumentarfilmers Mantas Kvedaravičius, welcher während Dreharbeiten zu einem Dokumentarfilm in Mariupol entführt wurde. Fünf Tage später fand man seine Leiche mit Brandwunden und gebrochenen Beinen.

RSF betreibt mit seiner langjährigen ukrainischen Partnerorganisation, dem Institut für Masseninformation, zwei Zentren für Pressefreiheit im westukrainischen Lwiw und der Hauptstadt Kyjiw. Journalistinnen und Journalisten können dort Schutzausrüstung wie kugelsichere Westen ausleihen oder Sicherheitstrainings absolvieren. Bislang hat RSF 577 Schutzwesten, 249 kugelsichere Helme, 250 solarbetriebene Batterien und 1011 Erste-Hilfe-Kits in die Ukraine gebracht. Das Material wurde an 400 ukrainische Medienschaffende ausgegeben. Ein Viertel davon sind Frauen.