Gemeinsam mit 47 Organisationen und Verbänden haben sich die Reporter ohne Grenzen gegen eine mögliche Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland ausgesprochen.
In einem gemeinsamen Brief fordern sie die deutsche Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) auf, «sich auf europäischer Ebene klar für eine Abschaffung der EU-Mindestvorgaben einzusetzen». Sie werfen Leutheusser-Schnarrenberger vor, sich im EU-Rat nicht klar für ein Ende der Vorratsdatenspeicherung einzusetzen.
Im Zuge einer Vorratsdatenspeicherung werden ohne jeden Verdacht einer Straftat sensible Informationen über die sozialen Beziehungen (einschließlich Geschäftsbeziehungen), die Bewegungen und die individuelle Lebenssituation (zum Beispiel Kontakte mit Ärzten, Rechtsanwälten, Betriebsräten, Psychologen, Beratungsstellen) von über 80 Millionen Bundesbürgerinnen und Bundesbürgern gesammelt. Damit höhlt eine Vorratsdatenspeicherung Anwalts-, Arzt-, Seelsorge-, Beratungs- und andere Berufsgeheimnisse aus und begünstigt Datenpannen und -missbrauch. Sie untergräbt den Schutz journalistischer Quellen und beschädigt damit die Pressefreiheit im Kern.
Am 2. März 2010 wurde die Ausgestaltung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2006 schreibt jedoch europaweit die Vorratsdatenspeicherung vor und könnte Deutschland zur Wiedereinführung der verdachtslosen Datensammlung zwingen.
Die Unterzeichneten wollen, dass Leutheusser-Schnarrenberger «sich ungeachtet eines möglichen Vertragsverletzungsverfahrens grundsätzlich von der Forderung nach einer neuerlichen umfassenden und verdachtsunabhängigen Speicherung von Telekommunikationsdaten distanziert».
Die Bundesjustizministerin habe sich als Vertreterin Deutschlands im EU-Rat bislang noch nicht klar für ein Ende des EU-Speicherzwangs eingesetzt. In dem offenen Brief heißt es deshalb: «Eine derart weitreichende Registrierung des Verhaltens der Menschen in Deutschland halten wir für inakzeptabel».
Dienstag
20.04.2010



