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Dienstag
24.07.2012

Zehn Jahre lang war seine Werbeagentur die Werbeagentur schlechthin gewesen: Weber, Hodel, Schmid war Kult und bewarb das, was kultig war, unter anderem Smart. Jetzt ist Reinhold Weber ein Zweimannbetrieb und macht Kult. «Kult» als Zeitschrift und Kult als Mini-Agentur von ganz anderem Zuschnitt als diejenige, welche in der Branche in den 1990er-Jahren regelmässig für Schlagzeilen gesorgt hatte.

«Weniger Strategie und mehr Lust» treibe ihn heute an, sagt Weber im Gespräch mit dem Klein Report. Sein Partner ist Rainer Kuhn, Gründer und Herausgeber der Zürcher Stadtzeitung «Kult», welche in ihren Anfängen ein satirisches Szenemagazin gewesen war, danach ein Interviewmagazin mit vielen verschiedenen Schreiberlingen und später ein Kulturblog im Internet. Mit Reini Weber hat Kuhn «Kult» zur Medienmarke umgebaut, die einerseits in Print als klassische Zeitung in NZZ-Optik und im Internet als Blog daherkommt und daneben ein Beratungsunternehmen für Werbung ist.

«Ich wollte die Marke erhalten», sagt Kuhn. «Und für mich kam Kult im richtigen Augenblick», sagt Weber. Als Zweimannbetrieb fühlen sie sich wieder als das, was sie immer am liebsten waren, «guerillamässig». Reinhold Weber hatte in seinen tollsten Zeiten 120 Mitarbeiter beschäftigt, heute geht er mit Kuhn ganz allein, ohne Präsentationsmappe, zum CEO und hört sich dessen (Werbe-)Pläne an und gibt Ratschläge, begutachtet Konzepte und macht bei Bedarf auch neue.

Ein Oberlehrer in Sachen Werbung also, der die Kollegen von einst begutachtet und verbessert? «Nein, ich bin heute ein kleiner Spieler», sagt der Mann, der in der Schweizer Werbung einst der Grösste war. Weber: «Klein ist Kult, wir spielen heute in einer Nische. Je grösser man wird, desto mehr Ecken und Kanten muss man sich abschleifen. An einer Ausschreibung würde ich mich nie mehr beteiligen.»

Reinhold Weber ist so etwas wie der lebende Beweis dafür, wie sehr sich die Werbung in den letzten beiden Jahrzehnten gewandelt hat. «Befreundete Agenturinhaber sagen mir heute, dass sie ihr Geld hauptsächlich mit der Desktop-Abteilung verdienen, das darf es doch nicht sein.» «So, wie in den Medien fast nur noch abgeschrieben wird, wird in den Agenturen fast nur noch adaptiert», meint Kuhn. «Heute muss man lange nachdenken, bis einem eine gute Werbung einfällt, früher gab es die doch zuhauf.»

Die Consultingagentur Kult berät heute Pharma- und Getränkefirmen, auch mal eine Bank und am liebsten KMU, bei denen man den Patron noch kennt: «Wir fokussieren vor allem auf Firmen in Privatbesitz, wo der Topmanager nicht nach drei Monaten wieder weg ist und alles auf den Kopf gestellt wird.»

Manchmal wundert sich Reini Weber selbst über seine Wandlung - meist dann, wenn er sich Anzug und Krawatte aus dem Schrank holt und für ein Tageshonorar durch die Schweiz fährt. «Wir arbeiten heute eher wie ein Anwalt als wie eine Agentur. Ich wollte nie ein Hirzel werden, doch im Grunde läuft es heute genau auf das hinaus.»