Content:

Samstag
29.04.2023

Medien / Publizistik

Die «Süddeutsche Zeitung» geht hart ins Gericht mit Holger Friedrich, dem Verleger der «Berliner Zeitung». (Bild Screenshot sueddeutsche.de)

Die «Süddeutsche Zeitung» geht hart ins Gericht mit Holger Friedrich, dem Verleger der «Berliner Zeitung». (Bild Screenshot sueddeutsche.de)

Der Wirbel um Springer-Boss Mathias Döpfner und den ehemaligen «Bild»-Chef Julian Reichelt geht in die nächste Runde.

Nun gerät Holger Friedrich, Verleger der «Berliner Zeitung», ins Fadenkreuz der Medienkritik in den Feuilletonspalten der deutschen Presse.

Friedrich hat nämlich der Springer-Spitze die Information weitergereicht, Julian Reichelt habe ihm Material angeboten, das Springer erheblich belasten würde. Er habe es aber vorsorglich vernichtet, liess der Verleger seinen Konkurrenten wissen. 

Enthüllt hatte den Vorgang am Donnerstag der «Spiegel». Seitdem übertrumpften sich die Medienkritiken. Von Übergriff in Redaktionsbelange bis Informantenverrat ist von allem etwas dabei. 

Mit seinem Entscheid, das Material unter den Teppich zu kehren, habe Holger Friedrich nämlich einen Entscheid gefällt, für den eigentlich seine Redaktion zuständig gewesen sei.

Dass der Verleger grenzlastig unterwegs ist, war auch nicht das erste Mal: Vor zweieinhalb Jahren forderte er seine Redaktion auf, vorteilhaft über die Biotech-Firma Centogene zu berichten, die gerade an die Börse ging. Brisant: Holger Friedrich war Aufsichtsrat des Unternehmens. Eine Rüge des Deutschen Presserats war die Folge.

Die «Süddeutsche Zeitung» (SZ) geisselte Friedrichs Verhalten als «Pyrotechnik». «Herr Döpfner, ich hab was für Sie» titelte das schmackhafte Stück von Laura Hertreiter, Co-Leiterin Kultur und Medien.

«Dass sich Verleger Holger Friedrich in dieser heiklen Konstellation nun mit Reichelts vertraulichen Informationen an den konkurrierenden Verleger Döpfner wendet – das ist selbst für das inzwischen pyroerprobte Publikum dieser Inszenierung ein Kracher», lässt es Hertreiter in der Freitagsausgabe der SZ krachen.

Ebenso deutlich fällt die Reaktion der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» aus. Michael Hanfeld, verantwortlicher Redaktor für Feuilleton Online und Medien, spricht von «Informantenverrat». 

Dabei zitiert er einleitend den hauseigenen Hinweis der «Berliner Zeitung» an potenzielle Whistleblower, man werde nach allen Regeln der Vorsicht mit ihren Informationen umgehen. Vor dieser Folie erscheint Friedrichs Verhalten in Sachen Springer in einem allzu grellen Gegenlicht. 

Im Berufscode der deutschen Medienschaffenden heisst es: «Die Presse wahrt das Berufsgeheimnis, macht vom Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch und gibt Informanten ohne deren ausdrückliche Zustimmung nicht preis.»