Das Satiremagazin «Titanic» ist vom Nachrichtendienst Twitter gesperrt worden, genauso wie bereits zuvor die AfD-Politikerin Beatrix von Storch, die von «Titanic» parodiert wurde. Für den Klein Report kommentiert Medienexpertin Regula Stämpfli die Freiheitsrechte und die vermeintliche Zensur im Zwitscherbereich des Internets.
Im Netz stürmte es in den letzten Tagen burglindmässig: «Zensur!», «Einschränkung der Meinungsäusserungsfreiheit», «Bevormundung!». Sehr bald war klar, dass es sich bei diesen Schreihälsen offensichtlich nicht um Sachkundige des öffentlichen Rechts handelte.
Twitter und Facebook sind nämlich private Firmen, die können – im rechtlich vorgegebenen Rahmen – ihre eigenen Regeln aufstellen, durchsetzen, ändern, wie es ihnen gefällt. Sie tun dies auch regelmässig – oft sehr zum Ärger der User, die nach einem Einstellungswechsel bemerken, dass beispielsweise Facebook ihnen vorschreibt, was sie noch zu sehen kriegen.
Erstaunlich an der Löschdebatte dieser Tage ist aber, dass viele Leute gar keine Ahnung haben von der Trennung zwischen öffentlich und privat. Zensur ist, wenn der Staat die Meinungsfreiheit unterbindet. Es ist aber keine Zensur, wenn private Unternehmen nach eigenem Gusto entscheiden, wer noch was zu sagen hat und wer nicht – selbstverständlich nach den geltenden Regeln des Rechts.
Dies bedeutet, dass beispielsweise die öffentliche Aufforderung zu Verbrechen und Gewalt (Art. 259 StGB) sowie die Rassendiskriminierung (Art. 261bis StGB) nicht unter Meinungsfreiheit fallen und auch von Staates wegen verfolgt werden können. Dass Twitter genau dieses Risiko mit der Sperrung der Accounts inklusive der Löschung des Hetz-Tweets der AfD-Politikerin vermieden hat, ist kluge Unternehmenspolitik von einer Führung, die sich nicht mit teuren Rechtsverfahren belasten will.
Der Fall «Titanic» und von Storch zeigt, dass Facebook, Google, Twitter et al. in Zukunft keine rechtsfreien Räume darstellen. Dies ist gut so. Denn der Trick der Plattformen bestand bisher darin, globale Medienunternehmen zu sein, deren Geschäftsmodell vorsah, die damit verbundenen Rechte und Pflichten weit von sich zu weisen. Damit sollte spätestens ab 2018 aufgeräumt werden. Mit Zensur hat dies wenig, mit der Einhaltung des geltenden Rechts hingegen sehr viel zu tun.