Rico Bandle thematisiert in der «Weltwoche» vom 7. Dezember 2017 die «Oehisierung» der Schweiz. Dies als Antwort auf den «Berlusconisierungs»-Vorwurf in Richtung des millionenschweren Medienunternehmers Christoph Blocher.
Ein Kommentar der Klein Report-Kolumnistin und Medienexpertin Regula Stämpfli zur Diskussion des Medien-Sponsorings und den Auswirkungen der Digitalisierung.
Die Digitalisierung macht die Liste gelöschter Berufe länger und länger. Die Regel ist dabei einfach: Was durch einen Algorithmus ersetzt werden kann, ersetzt die betreffende Arbeit. Twittert Donald Trump, dass die USA in Zukunft Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennt, brauche ich keine Nachrichtenmoderatorin oder einen Experten, der das Feuer im Nahen Osten noch zusätzlich schürt. Das brennt auch von alleine.
Denn der Tweet des amerikanischen Präsidenten kann durchaus von allen selber gelesen werden. Anders sieht es aus mit dem Bericht über die fehlende Hygiene an deutschen Spitälern – ein Umstand, der mehrere tausend Menschen jährlich das Leben kostet und auf die schlechte Bezahlung, den unglaublichen Spardruck sowie die völlig falschen politischen Anreize im deutschen Gesundheitssystem zurückzuführen ist. Diese Recherche kann noch keine Maschine leisten.
Also bietet die Digitalisierung einen neuen Qualitätsschub für Information: Info-Schrott kann via Maschinen verbreitet werden, Info-Qualität durch Maschinen-Mensch-Zusammenarbeit. Auf die Finanzierung von Medien übersetzt, hiesse dies: Arbeit mit Daten soll um ein Vielfaches weniger bezahlt werden als die Arbeit von und mit Menschen. Big Data-Journalismus wie die «Paradise Papers» ist einfach und maschinell erledigbar: Teuer ist die Interpretation.
Dies wären ein paar wichtige Frage punkto Zukunft der Medien. Aber in der Schweiz, dem reichen Dorf, dominiert nur die Frage: «Wer sponsert hier wen?» Dass sich so der Journalismus selber abschafft, ist ebenso offensichtlich wie die Arroganz des ehemaligen SRG-Chefs und des Bundesrates, zur «No Billag»-Initiative selbstverständlich keinen Gegenvorschlag zu präsentieren.
Deshalb war es höchst interessant, in der «Weltwoche» zum ersten Mal über die «linken Millionäre» zu lesen, die viel Geld in die ihnen wohlgesinnten Medien stecken, und dies schon seit Jahren. Weshalb aber ist die SVP bei den Wahlen und beim politischen Agenda-Setting erfolgreicher als die linken und progressiven Kräfte in der Schweiz?
Bisher war die Interpretion die folgende: Aufgrund der grossen Medienmacht, inklusive politischem Campagning, gelang es der SVP in den letzten Jahren, die politische Agenda zu besetzen und auch bei den Wahlen zu punkten. Die «Weltwoche» bringt nun eine zusätzliche Erklärung: Die rechten Millionäre sind in ihren Medieninvestitionen output-orientiert: Investieren sie, wollen sie auch Cash sehen. Die SVP-nahen Medienprodukte weisen deshalb nicht ausschliesslich SVP-PR auf, sondern einen verkaufsfördernden Mix unterschiedlicher Informationen.
Die von «linken Millionären» geförderten Medienprodukte orientieren sich aber weniger an Verkaufszahlen als an den gesinnungspolitisch wichtigen Inhalten – so jedenfalls die Interpretation in der «Weltwoche». Es gibt wohl noch einen zusätzlichen inhaltlichen Unterschied als lediglich die Finanzorientierung der Medienprodukte. Nämlich, dass der Wille zur Macht aufseiten der SVP immer wieder auch strategisch umgesetzt wird, während linke und progressive Positionen eher darin bestehen, niemanden an die Macht kommen zu lassen, sondern auf Vielfalt, Freiheit und Urteilskraft zu setzen. Dass dies in den Mechanismen der Medienökonomie, die stark auf Polarisierung, Personalisierung, Skandalisierung und Aufmerksamkeit setzen, weniger funktioniert, liegt auf der Hand.
So oder so bleibt die Erkenntnis: Die Mediendemokratie steht vor einem grossen Wandel, und alte Rezepte werden wenig greifen. Deshalb sind auf allen Ebenen Innovationen gefragt: Neuerungen, die nicht einfach technischer, sondern politischer Natur sind.