«Fake News», Verschwörungstheorien, Zeitungsschwund, wirtschaftliche und digitale Revolutionen schütteln die Medienwelt kräftig durch: Zeitungsverkäufe hier, Studiozusammenlegungen da, gelöschte Porträts hier, nicht publizierbare Interviews da.
Die Politologin Regula Stämpfli kommentiert für den Klein Report die laufenden Aggressionen in der Branche.
Wer meinte, «Hate Speech» sei ein Phänomen der digitalen Welt, irrt gewaltig. Die knallharte Wettbewerbs- und Ellbogen-Mentalität mit den machiavellistischen Tricks der Demütigung des Gegners sind in den Leitmedien angekommen. Die journalistischen Tiefschläge erfolgen mittlerweile im Wochentakt.
Am 22. März 2018 schreibt der Medienkolumnist der WOZ über den geplanten Verkauf der BaZ: «Die publizistischen Brötchen, die die Medienunternehmer Blocher, Somm und Bollmann künftig zu backen gedenken, sind klein geworden. (...) Selbst wenn grobes Geschütz aufgefahren wird wie jüngst beim Faschistenflirt mit Stephen Bannon.»
Rolf Bollmann antwortete in der BaZ am 10. April 2018 unter anderem mit: «Da schreibt der grösste Loser der Medienbranche, Hansi Voigt, der in seinem ganzen Journalistenleben nur rote Zahlen produziert hat, für das Kommunistenblatt WOZ, eine seit Jahrzehnten auf der Intensivstation liegende Wochenzeitung (...), eine mittels Google-Suchmaschine zusammengebastelte Geschichte».
Am 21. April 2018 schlägt dann Daniel Binswanger in der «Republik» zu: «Ein neues Propagandamittel hält Einzug in die Schweizer Medienpolitik: die Niederlage, die zum Triumph erklärt wird. Niemals einen Fehler eingestehen, niemals sich entschuldigen.»
Binswanger erzählt, wie die BaZ mit einer der «schamlosesten Lügen, mit denen je ein Politiker die Schweizer Bürger hinters Licht zu führen versuchte», ein Ende brachte, das wiederum auf Schwindeln beruhe: «Um die BaZ-Performance schönzurechnen, nimmt Bollmann Zuflucht zu abenteuerlicher Zahlenakrobatik.»
Diese vergleicht Daniel Binswanger dann sehr heftig mit der deutschen Wehrmacht: «Gemäss dieser Logik könnte man auch behaupten, die deutsche Wehrmacht sei im Zweiten Weltkrieg die erfolgreichste Armee gewesen, man dürfe einfach nicht die Jahre 1939 bis 1945 betrachten, sondern müsse sich auf 1939 bis 1942 beschränken.»
Die Schläge werden im bitterbösen Konkurrenzkampf auf den sinkenden Schiffen härter. Dabei gehen die wirklich relevanten Themen verloren: Beispielsweise die neue Art, den Kapitalismus nur dann im freien Markt schalten und walten zu lassen, wenn er Gewinn abwirft, doch bei Verlusten sofort mit dem Staatsportemonnaie zu winken.
Beispielsweise, dass Rücktritte nur bei verbalen Entgleisungen erfolgen, nicht aber bei völligem Missmanagement - Stichwort «Post». Beispielsweise, dass Abzockerlöhne auch im Charity-Business durchaus üblich sind. Und wie steht es eigentlich, wenn Geschwister, Ehepaare und andere Familienmitglieder beide in hohen Staatspositionen, Stiftungs- und Verwaltungsräten Platz nehmen? Der Filz hat in den letzten Jahren in der Schweiz unglaubliche Dimensionen erreicht. Apropos: Gibt es Updates bei der Post, SBB und Swisscom? Auch spannend die Geschichte der «Republik» über eine mutmassliche Überschreitung des Zürcher Regierungsrates Mario Fehr im Kanton Zürich in der Geschichte «Majestätsbeleidigung» - gibt es da Folgen?
Alles politische Themen, die den Qualitätsjournalismus dringend brauchen. Etwas, das man von Kollegenbeschimpfungen und Shitstürmchen nicht behaupten kann. Letzteres gehört ins Reich des «Trumpismus», der im Wesentlichen daraus besteht, mittels Empörungs- und Beschimpfungsdiskurs die politische Berichterstattung auf entpolitisierte Nullwerte zu trimmen. Das bringt Aufmerksamkeit, ist aber soweit vom Qualitätsjournalismus entfernt wie das Pornosternchen von der Nobelpreisträgerin.