Nach der Schliessung von «L’Hebdo» forderte die Aktion «Medien für alle», einen Notfallfonds für die Welschschweizer Zeitung einzurichten, wie der Klein Report berichtete. Medienexpertin Regula Stämpfli kommentiert für den Klein Report die Frage der Staatsintervention respektive den Plan, «systemrelevante» Medien in Zukunft zu «retten».
Nennen Sie mich altmodisch – oder doch lieber anarchistisch? Die staatliche Rettung von sogenannt «systemrelevanten» Bereichen führt seit 2008 zur Ausblutung der Mittelschicht, zum Ausverkauf ganzer Staaten (siehe Griechenland), zu autoritären Regimen in der EU und in der Türkei sogar zu einem Sultanat am Bosporus.
Mit anderen Worten: Die Rettung der Banken, die zum Schutz der bestehenden Systeme ausgerichtet war, bringt diese seit Jahren an den Rand des inneren und äusseren Zusammenbruchs. Steuerzahler, das heisst öffentliche Gelder, dürfen nicht für gescheiterte marktwirtschaftliche Unternehmen verwendet werden. Ist der Gewinn privat, ist auch der Verlust privat.
Im Gleichzug dürfen marktwirtschaftliche Unternehmen nicht öffentliche Dienstleistungen finanzieren. Die Drittmittelpolitik der Universitäten hat die Grundlagenforschung wie auch die Freiheit von Wissen und Lehren grobfahrlässig untergraben.
Die Aufhebung der Trennung von öffentlich und privat ist für den Zerfall der Demokratien, der Bildung, der Medien, der Infrastruktur und teilweise auch für das Aufkommen des Terrorismus mitverantwortlich. Jede systemrelevante Rettung hat die klassischen bürgerlichen Demokratien näher an staatskapitalistische Obrigkeitsstaaten geführt, die von einer Handvoll einflussreicher Banker und Finanzunternehmer mehr oder weniger schlecht geführt werden. Allein der Skandal um die Dieselmotoren in Deutschland zeigt, wie die Verflechtung von Staat, Medien und Privatwirtschaft die Öffentlichkeit hintergeht.
Wer die Zukunft von Qualitätsjournalismus, kritischer Recherche, fundierter Wissenschaft und hohem Lebensstandard sichern will, soll nicht alte Systeme verschlimmbessern, sondern neue Finanzierungsmodelle einführen. Mit der sehr einfach umzusetzenden Transaktionssteuer im Finanzsektor und einer Datentransaktionssteuer für Google, Facebook, Twitter und Co. wären unzählige öffentliche Finanzierungsprobleme gelöst, ohne dass – einmal mehr – die Mittelklasse bis auf ihr letztes Hemd geschröpft wird. Ebenso würde die Umstellung auf ein bedingungslos garantiertes Grundeinkommen mit einer bedingungslos garantierten Krankenversicherung die Zukunft der hoch entwickelten Gesellschaft der «Arbeitslosen» endlich vorbereiten.
Es würde sich also definitiv lohnen, den Medienwechsel völlig anders zu denken und anders zu gestalten, als Rezepte aus dem Giftschrank «systemrelevante Rettungen» hervorzukramen.