Die Enthüllungen über einen Sex-Wohltätigkeitsabend im ausschliesslich Männern vorbehaltenen «Presidents Club» erschüttern die wirtschaftliche und politische Elite Grossbritanniens. Für den Klein Report berichtet die Medienexpertin Regula Stämpfli (deren Familie grösstenteils in London lebt), was dieser Skandal punkto Medien, Sexismus und Politik bedeutet.
«Schwarze Unterwäsche und Schweigepflicht» übertitelte die «Süddeutsche Zeitung» vom 26.1.2018 den «skandalösen Wohltätigkeitsabend» der Londoner Oberschicht. Die 300 Herren stellen die Elite für Wirtschaft und Politik.
Sie gönnten sich einen exklusiven «Herrenabend»: An der Spendengala des «Presidents Clubs» wurden Gelder unter anderem für die «Great-Ormond-Street-Kinderklinik» gesammelt. Versteigert wurden unter anderem eine Party mit 100 Freunden im Strip-Club oder eine Schönheits-OP mit dem Slogan «Peppen Sie Ihre Frau ein bisschen auf.» («Financial Times»).
Eigentlich «Buisness as usual», respektive «Party as usual», wäre da nicht #MeToo. Denn so wurde die exklusive Männerparty publik. 130 Hostessen hatten den Auftrag gekriegt: «Knappes, schwarzes Kleidchen und schwarze Unterwäsche zu tragen» und mussten eine fünfseitige Schweigevereinbarung unterzeichnen.
Für sechs Stunden Verfügbarkeit kriegten sie nur 172 Euro plus 29 Euro fürs Taxi. Am Mittwoch platzte die Bombe, denn es wurde bekannt, dass die Hostessen wie «Sex-Spielzeug» und «wie Prostituierte» behandelt wurden. Hier hört der Spass definitiv auf.
Wäre der Skandal etwa keiner geworden, wenn nicht «gewöhnliche» Frauen wie «Sexspielzeug» oder «Prostituierte» behandelt worden wären, sondern gekaufte? Wie steht es mit einem Vertrag, der Menschen wie Sklaven zum Schweigen verpflichten kann – selbst wenn Gewalt ins Spiel kommt?
Weshalb machen die ausschliesslichen Männerclubs, die Frauen teilweise einen eigenen Fraueneingang vorschreiben und grundsätzlich keine Frauen als Mitglieder erlauben – dies im Jahre 2018 – nicht schon längst gewaltige Schlagzeilen?
Unter #MeToo wird sexuelle Gewalt als Verbrechen endlich auch von den Journalisten und Leitmedien thematisiert. Übersehen wird jedoch, dass «Pandoras Box» viel tiefer ist als oberflächlich dargestellt. Gerade im Zug #MeToo manifestieren sich neue Sexismen, neue Frauenverachtungen, neue Waren-Menschenbilder.
Dabei ist sexuelle Gewalt immer Gewalt und nie Ware – selbst bei Sex-Arbeiterinnen nicht. Dies scheinen weder die Journalisten noch die Aktivistinnen zu realisieren. Deshalb sind die Sätze der Hostessen so schockierend: «Wir wurden behandelt wie Sex-Spielzeug» oder eben «wie Prostituierte.» Selbstverständlich wurden die Hostessen so behandelt, denn die meisten Menschen gehen in Zeiten neoliberaler Grausamkeiten davon aus, dass befiehlt, wer zahlt!
Keine Frau, egal welchen Vertrag sie unterschreibt, sollte behandelt werden wie Sex-Spielzeug. Sex-Arbeiterinnen sind keine Ware, sondern Menschen. Es ist höchste Zeit, über die wahren Mechanismen von Sex, Macht und Menschenprodukten nachzudenken. Time `s up, um über Geld, Sex und Macht völlig anders zu sprechen – nicht zuletzt auch unter den Journalisten und Aktivistinnen.