Am letzten Freitag kam es zu einer heftigen Auseinandersetzung über Sinn und Unsinn, über Image-Making sowie die Darstellung einer der wenigen Intellektuellen in der Schweiz, die sich auch zu aktuellen Themen äussert. Die Politologin Regula Stämpfli war für ein Gespräch mit Roger Schawinski in dessen TV-Show im öffentlich-rechtlichen Fernsehen eingeladen.
Nichts Böses ahnend, machte sie sich am Freitagmorgen auf der SRF-Homepage schlau, ob denn die Sendung wie geplant stattfinden würde, da sie vonseiten des Senders ausser der ersten Anfrage nichts mehr gehört hatte. Sie fand folgenden Ausschreibungstext mit einem nicht-autorisierten Fernsehbild vor:
«Die einen nervt sie bis aufs Blut, andere sind von ihr begeistert. Die Berner Politologin Regula Stämpfli polarisiert extrem und scheint gerade daran grossen Spass zu haben. Regula Stämpfli wird lieber als Nervensäge bezeichnet, als dass man denken könnte, sie sei langweilig. Zwischen der Schweiz, Frankreich und Deutschland pendelt die dreifache Mutter regelmässig hin und her und analysiert in verschiedenen Medien das Zeitgeschehen.
Diplomatie und Feinfühligkeit sucht man in ihren Kolumnen vergebens. Dafür stösst man umso mehr auf pointierte und immer wieder auch verletzende Aussagen über Politiker, Journalisten und Personen der Öffentlichkeit. So sagte sie über einen Berufskollegen, er habe die Intelligenz eines Planktons, beleidigte nach einem tragischen Carunfall mit belgischen Kindern deren Heimat und provozierte einen öffentlichen Streit mit einer prominenten Journalistin. Was treibt diese hochintelligente Frau an? Warum prescht sie sich so rücksichtslos durch die Medienlandschaft? Welches ist ihr nächstes Opfer? Roger Schawinski schaut hinter die Fassade von Regula Stämpfli.»
Stämpfli freute sich auf das Gespräch mit Schawinski, weil sie sich immer wieder dem Wagnis der Öffentlichkeit stellt. Sie kennt ihn seit über fünf Jahren und ist seit Beginn jeden Montag Radiokolumnistin auf Radio 1. Der Pressetext gab in Stämpflis Augen die Marschrichtung eines Tribunals vor. Es wurde ein Monster gezeichnet, das der Wissenschaftlerin in keiner Weise entspricht.
Die falschen Verkürzungen der sogenannten Medienskandale um Stämpfli, die vorwiegend aus der Rezeption der Sekundärmedien und nicht aus den Texten der promovierten Politologin stammen, liessen für die geplante Sendung nicht nur nichts Gutes, sondern eine eigentliche öffentliche Hinrichtung einer der wenigen Frauen mit einer explizit politischen und nicht nur gesellschaftlich-modischen Stimme schliessen.
Deshalb sagte Regula Stämpfli die Sendung ab und veröffentlichte ihre Begründung sofort auf ihrer Homepage und Facebookseite: «Ich verzichte auf eine öffentliche-boulvardistische Hinrichtung à la Kafkas Strafprozess.» Roger Schawinski liess seine Montagskolumnistin darauf via «Blick am Abend» wissen, dass sie ab sofort keine Kolumne bei seinem Radio 1 mehr sprechen dürfe. Eine fünfjährige Zusammenarbeit fand somit ihr abruptes Ende.
Deshalb hat der Klein Report Regula Stämpfli Asyl angeboten, um ihre wöchentliche Kolumne weiterzuführen.