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Mittwoch
28.07.2004

Erst war er die offizielle Radio-«Stimme der Nation», dann ein Autor, dessen Bücher in 17 Sprachen übersetzt wurden. Am Mittwoch feiert Otto Steiger in Zürich seinen 95. Geburtstag. Steiger wurde am 4. August 1909 in Uetendorf bei Thun geboren und wuchs in Bern auf. Mit 19 Jahren kam er nach Paris, wo er ein Romanistikstudium begann und unter anderem als Giesser und Reiseführer arbeitete. Nach seiner Rückkehr in die Schweiz wurde er Redaktor und Nachrichtensprecher bei der Schweizerischen Depeschenagentur. Ab Kriegsbeginn bis 1943 war er die offizielle «Stimme der Nation», die bei einem allfälligen Einmarsch die Echtheit der Radionachrichten garantierte. Danach gründete und leitete er eine private Handelsschule (bis 1954), anschliessend ein Handelsunternehmen.

«Ich war nie ein Querdenker. Ich habe immer gerade gedacht. Nur das System lief quer.» Der Satz passt fast noch besser auf Otto Steiger als auf den kürzlich verstorbenen Hans A. Pestalozzi, der ihn geäussert hat. Dass ihm nichts so fremd ist wie Agitation, merkt man seinen rund 20 (Kriminal-)Romanen an, die «gesellschaftskritisch sind ohne zu werten», schreibt der Schweizer Feuilletondienst. In schlichter Sprache und mit präzise gezeichneten Charakteren bilde Steiger die helvetische Wohlstandsgesellschaft ab, deren Verlockungen manch einen zu Amoral verleiteten und deren Verlogenheit manch anderen zur Flucht zwinge.