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Mittwoch
06.06.2012

Als im Berner Oberland vor einigen Jahren die Idee entstand, ein Privatradio zu lancieren, wurde die Idee belächelt. Die potenziellen Initianten fragten damals den Schweizer Privatradiopionier Roger Schawinski (Radio 1) an, wie die Chancen für ein solches Vorhaben stehen. Schawinski gab einem Radiosender im Berner Oberland eine Lebensdauer von einem halben Jahr. Er sollte aber nicht recht behalten: Mittlerweile blickt das Radio Berner Oberland auf eine 25-jährige Geschichte zurück. Der Klein Report hat mit den beiden Gründern gesprochen, die das Radio in den vergangenen 25 Jahren prägten. Thomas Morgenthaler und Martin Muerner leiten den liebevoll Radio BeO genannten Sender seit den ersten Tagen.

Martin Muerner, wenn Sie auf die letzten 25 Jahre zurückblicken, wie stolz sind Sie auf Radio BeO?
Martin Muerner: «Darf ich `unseren Dölf` (alt Bundesrat Adolf Ogi, A.d.R.) zitieren? `Freude herrscht!`. Ich freue mich und bin natürlich auch stolz, dass es uns gelungen ist, seit 25 Jahren im Berner Oberland ein eigenes Privatradio zu betreiben. Unsere BeO-Geschichte war aber nur dank dem Engagement und der Mithilfe von vielen lieben Menschen möglich; dafür danke ich auch an dieser Stelle ganz herzlich. Besonders stolz bin ich auch, dass es Thomas und mir gelungen ist, mit dem Namen `BeO` unserer Region einen neuen `Brand` geschenkt zu haben, der mittlerweile ja von vielen Organisationen und Unternehmen kopiert wird. So gibt es mittlerweile eine BeO-Logistik-Firma, eine BeO-Bike-Week, BeO-Timing, BeO-Happy-Dancers und noch viele andere mehr. Zudem haben wir für unser Jubiläum den Brand `BeOLand` geschaffen - ich bin überzeugt, dass auch dieser Name in die Geschichte unserer Region eingehen wird.»

Vor allem die Anfänge von Radio BeO gestalteten sich schwierig: Welche Probleme gab es vor dem Sendestart; wie schwierig war es damals, Geld aufzutreiben?
Thomas Morgenthaler: «Es war nicht leicht, in den frühen Achtzigerjahren Geld für ein eigenes Radio im Berner Oberland aufzubringen, weil viele Organisationen und Unternehmungen dem zu gründenden Radio sehr kritisch gesinnt waren. Nur dank der Hilfe von engagierten Persönlichkeiten gelang es, ein bescheidenes Startkapital für unser Radio zu generieren.»

Damals hiess es wohl auch, einen kühlen Kopf zu bewahren - wie sind Sie mit Problemen umgegangen?
Muerner: «Solange Probleme dazu führen, dass Lösungen gefunden werden können, sind Probleme ja eigentlich noch sinnvoll (lacht). Unser Vorteil ist: Thomas und ich funktionieren seit dem Sendebeginn als `CEO-Duo` sehr gut, ergänzen uns und lösen gemeinsam Probleme. Dieses Modell ist in der Schweiz eher selten, funktioniert aber bei uns bestens. So viel ich weiss, sind wir ja mittlerweile die dienstältesten Radiochefs der Deutschschweiz, die seit 25 Jahren in der gleichen Funktion beim gleichen Radio tätig sind. Bewährt hat sich übrigens auch die Taktik, dass wir nicht jeden Hype mitgemacht haben und unsere Strategie der `kleinen Schritte in die richtige Richtung` angewandt haben.»

Das BeO hat eine grosse Entwicklung hinter sich. Eine lustige Anekdote ist beispielsweise, dass früher aus einer Wohnung im Kursaal Interlaken gesendet wurde. Gibt es sonst im Zusammenhang mit den Anfängen des Senders noch lustige Geschichten?
Muerner:
«Ja, es gibt noch viele Geschichten. Der Platz reicht nicht aus, um alle zu erzählen - vielleicht schreibe ich ja mal ein Buch. Trotzdem ein paar Episoden, die mir immer in Erinnerung bleiben werden: Anlässlich einer Reportage direkt aus einem Heissluftballon sackte ich zusammen mit dem Piloten aus rund 2000 Metern Höhe mit dem Ballon fadengerade in den Thunersee ab und wir mussten von der Seepolizei gerettet werden. Oder die Sendewoche auf dem Jungfraujoch, als wir während einer ganzen Woche die höchstgelegene Radiostation Europas waren und zwischen dem ewigen Eis und dem Sternenhimmel moderierten. Oder meine Reportage aus dem Jugoslawienkrieg - da habe ich vor Ort gespürt, wie schrecklich ein Krieg ist. Oder die vielen Begegnungen mit wunderbaren Menschen, zum Beispiel mit Lord Yehudi Menuhin, oder dem ehemaligen französischem Präsidenten François Mitterand, oder ...»

Das Berner Oberland war rein vom technischen Sendebetrieb her schwierig zu erschliessen, wie hat es das BeO dennoch geschafft, die Region lückenlos zu bedienen?
Morgenthaler: «Auch hier haben wir eine Taktik der `kleinen Schritte` angewandt. Wir hatten das Geld nicht, um schon beim Sendestart im 1987 das ganze Sendegebiet lückenlos zu erschliessen. Aus diesem Grunde sind wir mit drei Sendern gestartet, die die beiden Seeregionen und den Grossraum Thun abgedeckt haben. Die technische Erweiterung in die anderen Täler und in den Grossraum Bern gelang immer erst dann, wenn die Finanzierung sichergestellt werden konnte.»

Das Radio BeO hat nicht nur technische Fortschritte gemacht, sondern auch in qualitativer Hinsicht. Wo sehen Sie persönlich die grössten Fortschritte?
Muerner: «Dank dem neuen Radio- und TV-Gesetz und dem damit verbundenen erhöhten Gebührensplitting als Marktausgleich konnten wir unser Programm - vor allem die Redaktion - in qualitativer Hinsicht ausbauen und auch vergrössern. Dieser grosse Ausbau und Fortschritt wäre ohne dieses Splitting nicht möglich gewesen - und ist ein wichtiges Element des Service public régional. Denn ich bin überzeugt: Das Rückgrat eines Privatradioprogrammes sind die regionalen Informationen.»