Bei der «Neuen Zürcher Zeitung» ist die Verwirrung gross, vor allem, was die neuen Medien betrifft. Viele Super-Spezialisten basteln an ganz grossen multimedialen, oft auch konvergenten, vielfach aber über alle Vektoren hin und her gespielte Kommunikationsstrategien.
Wie? Wo? Was?, fragt sich wahrscheinlich Konrad Hummler, der publizitätsverliebte Verwaltungsratspräsident der Neuen Zürcher Zeitung AG, der selber sicherlich auch ein Smartphone besitzt und deshalb in dieser Szene auch schon zu den Spezialisten gezählt werden kann. Was müssen wir «bespielen» und auf welche Kanäle?
Seit bei der NZZ der Verwaltungsrat diese Woche auf dem Papier eine neue Strategie verabschiedet hat, werden die Angestellten wie Schachfiguren verschoben. Markus Spillmann, Chefredaktor der «Neuen Zürcher Zeitung», ist für die Zeitungsredaktion und neu auch für die NZZ-Onlineredaktion zuständig. Kurzfristig hat die NZZ komplett und fälschlicherweise einen ehemaligen Internetberater teilweise zum publizistischen Leiter der Onlineredaktion der im 232. Jahrgang erscheinenden «Neuen Zürcher Zeitung» gemacht, der in Zukunft nur für den digitalen Bereich zuständig sein wird.
Für diese Zeitung war schon die Neuschaffung eines CEO-Postens am 1. Oktober 2008 mit der Besetzung durch Albert P. Stäheli, ehemaliger Geschäftsführer der Espace Media, eine grosse Sache. Polo Stäheli, der aus dem klassischen Anzeigenverkauf kommt, hat Anfang Dezember 2009 mit dem Inseratevermarktungskonzern Publicitas eine mehrjährige «strategische Zusammenarbeit im Bereich der Printmedienvermarktung» abgeschlossen - und das zugunsten der Falkenstrasse.
Kurz nach Stähelis Amtsantritt stiess dann dessen Buddy Urs Schweizer, der 20 Jahre für die Espace Media tätig war, zur NZZ, um sich unter anderem den ganzen Druckbereich zur Brust zu nehmen und Kosten runterzufahren. Das gelang, die Zahlen sind (kurzfristig) wieder im Lot.
Und weil die NZZ nun aber mit dem Internet nicht zu Rande kommt - einmal ist ein Dienst kostenpflichtig, dann wieder nicht - wird umstrukturiert und es werden weitere Stellen geschaffen. Chefredaktor Markus Spillmann soll von seinen Managementaufgaben «entlastet» werden, wie am vergangenen Dienstag am Kaderessen der NZZ bekannt wurde. Nun sucht das Verlagshaus einen Geschäftsführer für die NZZ selber, was bisher Spillmann in Personalunion mal besser, mal schlechter gemacht hatte. Zurzeit ist Polo Stäheli hier interimistisch am Ruder.
Der personelle Paradigmenwechsel mit Stäheli und Schweizer ist für die «alte Tante» anstrengend und mit ihrem publizistischen Selbstverständnis nicht ganz kongruent. Denn auch auf Verlagsseite wurde heftig und unvorsichtig ein und ausgewechselt.
Quo vadis NZZ? Wird ein neuer Geschäftsführer oder eine Geschäftsführerin für die NZZ auch Verlegerin oder Verleger sein? Zu wünschen ist es der «Neuen Zürcher Zeitung».