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Sonntag
21.02.2016

Medien / Publizistik

Bizarre Fehde in der aktuellen Ausgabe

Bizarre Fehde in der aktuellen Ausgabe

Der ehemalige Berner SVP-Stadtrat Walter Krebs schrieb für das Quartierblatt «Bümpliz Woche» einen ausländerfeindlichen Kommentar. Aufgrund von Leserreaktionen distanziert sich die Redaktion der Zeitung in einem grotesken Statement nun vom Autor und entschuldigt sich für ihre «Meinungspanne». Dieser freut sich indes über die heftigen Reaktionen auf seine Texte.

In der Ausgabe der «Bümpliz Woche» vom vierten Februar schreibt der frühere Kriminalbeamte Krebs, dass viele «fremde Menschen», deren Sprache er nicht verstehe, beim Einkaufen mit «grossen Geldscheinen» bezahlen würden, bei denen es sich um sein Steuergeld handle. Er selbst bezahle jedoch nur mit Münzgeld, da er nur eine normale Rente beziehe.

Weiter habe er einen seit Jahren von der Fürsorge lebenden Nachbarn aus Ex-Jugoslawien, dessen Familie es so gut gehe, dass dieser einen Mercedes fahren könne. Er selbst hingegen könne sich kein Auto, sondern nur ein Libero-Abo leisten.

Unverständlicherweise druckte die «Bümpliz Woche» diesen nur so von Klischees triefenden ausländerfeindlichen Kommentar ab. Ein ehemaliger Stadtrat und Kriminalbeamter, der nur Münzen als Rente kriegt und sich kein Auto leisten kann? Ja, klar. Die unerträgliche Überspitzung und Polemik sowie die jeglicher Grundlage entbehrenden Vorurteile des Texts hätten niemals den Weg an die Öffentlichkeit finden dürfen. Dieser Meinung sind auch die Leser des Berner Quartierblattes.

So schreibt die Redaktion der «Bümpliz Woche» in ihrer aktuellen Ausgabe vom Donnerstag, die bereits am Erscheinungstag als E-Paper gelesen werden kann, dass der Text zu «heftigen Reaktionen» geführt habe, und druckt zwei Leserkommentare ab, die Krebs der «Fremdenhetze» bezichtigen und ihn als «Jammerlappen» bezeichnen. Die Zeitung entschuldigt sich zudem für die «Meinungspanne» und räumt ein, dass «pauschale Thesen und Vorurteile ins Feld geführt» wurden, die «man so nicht hätte veröffentlichen dürfen».

Was dann folgt, ist schlichtweg absurd: Die Redaktion schreibt weiter, dass man alle Menschen und Mitmenschen achte und respektiere, «insbesondere ausländische Mitbewohner, Asylbewerber und Flüchtlinge, die in der Schweiz Schutz suchen. Wir wertschätzen diese Menschen (in der Not) ganz besonders!».

Zuerst bietet das Blatt Walter Krebs also eine Plattform für ausländerfeindliche Kommentare, um ihn dann von den Lesern als «Jammerlappen» beschimpfen zu lassen und zu schreiben, dass man ausländische Mitbewohner «insbesondere» achten und respektieren würde.

Um dem Ganzen nun noch die Krone aufzusetzen, verschweigt die Redaktion in ihrer Entschuldigung, dass Walter Krebs bereits am 10. Dezember 2015 einen Kommentar für die Zeitung schrieb, in dem er die Angst vieler in Bümpliz vor «dem Islamischen Staat und seinen Terroristen, der Überfremdung und vor fremden Kulturen» thematisierte. Zwar verzichtet Krebs in diesem Kommentar auf explizit ausländerfeindliche Kommentare, der Ton des Textes hätte die Redaktion jedoch aufhorchen lassen müssen.

Wieso also druckte die Zeitung den zweiten Kommentar von Walter Krebs ab? Die Redaktion schreibt dazu: «Wir gingen und gehen grundsätzlich davon aus, dass in der Rubrik `Mein Bern-West` jeder Gast-Autor seine Meinung offen und ehrlich sagen kann.» Dass dies jedoch jeglicher journalistischen Sorgfalt und Ethik widerspricht, muss hier wohl nicht noch verdeutlicht werden.

Zum Schluss schreibt die Redaktion dann noch, dass man Walter Krebs mitgeteilt habe, dass man Kolumnen und Leserbriefe, die polarisieren und ausländische Mitbewohner in ein schlechtes oder gar «kriminelles» Licht rücken, «nicht (mehr) veröffentlichen werde».

Der heimliche Sieger dieser wirren Fehde ist Walter Krebs trotzdem. Der «Berner Zeitung» verrät er, dass er sich darüber freut, dass seine Texte zu heftigen Reaktionen führten. «Ich schreibe das, was die Leute denken. Hier will man diese Zustände nicht mehr», sagt er gegenüber der Zeitung.

Zudem gesteht er, dass er gar keinen Nachbarn habe, der einen Mercedes fahre und von der Fürsorge lebe. Auf die Frage, woher er wisse, dass die grossen Noten der Ausländer sein Steuergeld seien, antwortet er der «Berner Zeitung»: «Das kann man jeden Tag in der Zeitung lesen».