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Samstag
05.05.2018

Vermarktung

P lädt die Verleger ein: «Die Party ist vorbei»

P lädt die Verleger ein: «Die Party ist vorbei»

«Die Publicitas spielt auf Zeit», «eine Rettung ist nicht mehr möglich», «diese Veranstaltung ist der blanke Hohn» oder «die Party ist vorbei»: Das sind nur einige Kommentare über den «Verlegeranlass» der Publicitas vom Donnerstagnachmittag an ihrem neuen Sitz in Opfikon-Glattbrugg.

Eingeladen hatten Jörg Nürnberg, Verwaltungsratspräsident der Publicitas, und Finanzchef Carsten Brinkmeier, als bekannt wurde, dass sich das Unternehmen in Nachlassstundung befindet.

Die aktuelle Inseratevermittlerin Publicitas hat praktisch keine Aktiven mehr. «Eine fristlose Kündigung hat explosionsartig gewirkt und die Publicitas in zwei Tagen zahlungsunfähig werden lassen», erklärten die P-Vertreter vor den Verlegern. Am 25. April und 26. April kündigten der Tamedia-Konzern und Riniger sowie Thalos Investment Platform SA ihre Zusammenarbeit mit der «P». Danach begann das Krisenmanagement und ein Konzept für einen Sanierungsplan wurde aufgegleist. Am 27. April stiegen die NZZ und die AZ Medien aus. Es wurde noch dramatischer, «alle Konten wurden blockiert».

Das «P»-Management arbeitete bis zum «Tag der Arbeit» am Sanierungsplan. Am 2. Mai wurde die «Sanierungswürdigkeit» durch ein Gericht in Bülach bestätigt.

Die vielen kleinen und Kleinstverleger, aber auch Verbandsfunktionäre wurden mit Horrorszenarien, die sie notabene nicht verursacht haben, eingeschüchtert. Wenn es also die Publicitas nicht mehr geben würde…? «Dann würden die Inserenten aufgrund des Wegfalls des Angebots ´one order, one Bill` auf anfänglich 10 Prozent der Werbeaufträge verzichten, die in den kommenden zwei bis drei Jahren auf 20 Prozent anwachsen sollten.» Bezogen auf 230 Millionen Franken entfielen aufgrund veränderten Kundenverhaltens 20 bis 45 Millionen Franken jährlich, rechneten die «P»-Leute den mehreren Dutzend Gäste vor.

Und wie sähe das bei den Verlegern aus, von denen aber bereits die Grössten abgesprungen sind? Hier geht das Rechenmodell, das dem Klein Report vorliegt, so: Wenn es die «P» nicht mehr gäbe, dann würden die Verleger einen Teil der Aufträge aus Kostengründen in der Administration (Auftragserfassung und -abrechnung) nicht mehr ausführen. Dieses Szenario ist ja bereits mit der «Auffanggesellschaft», die durch Jürg Weber als designierter VRP geleitet wird, geschehen. Die Publicitas-Herren schätzen diesen Teil mit 15 Millionen Franken» ein, wie am Anlass ausgeführt wurde. Nach einem Kollaps der Publicitas müssten «die Verleger auf einen Teil der Aufträge aus ausserregionalem Verkauf verzichten».

Ein weiterer Teil der Präsentation stand unter dem Titel: «Was wollen die Eigentümer der Publicitas und was bieten sie?» Man wolle das Unternehmen sanieren und für den Print-Werbemarkt erhalten, unter anderem mit der Umstellung auf ein «Kommissionsempfänger-Modell» Risiken für Verlage beseitigen und «Vertrauen herstellen». Und dann kommt der Burner des Jahres: «Die Preisstrukturen sanieren, um nachhaltig Verluste zu vermeiden, die seit 10 Jahren gemacht wurden.»

Wie der Klein Report bereits öffentlich gemacht hat, haben die kurzweiligen deutschen Besitzer, die Finanzgesellschaft Aurelius, sagenhafte 40 Millionen innerhalb weniger Monate aus dem Unternehmen abgeschöpft. Dann wurde an die jetzt zappelnden Manager, die ja auch schon länger dabei sind, verkauft. Deren Legendenbildung geht weiter mit dem Angebot, «Transparenz» zu schaffen, und einem Verzicht auf 50 Prozent der Anteile, um so eine «´P` für Verlage» zu schaffen. Dazu würde ein «Gläubigerausschuss» gewählt sowie ein Bericht mit Angabe der Veränderung der Vergütungen für Management-Leistungen veröffentlicht, «wobei jegliche Steigerungen gegenüber 2017 und Vorjahre ausgeschlossen sind». Die übrig gebliebenen Verleger dürfen sich also mit 50 Prozent am Elend beteiligen.

«Die Party ist vorbei», kommentierte Verleger Urs Gossweiler von Coram Publico die Analyse der «P»-Manager nach deren Präsentation. Denn unter anderm haben die «P»-Verantwortlichen das Fiduz, «die Einführung eines ´Systembeitrags` zur Deckung der Fixkosten für IT (4 Mio. Fr.) und DB-Media/Supply Chain Management (1,4 Mio. Fr.) auf Basis des zu erwartenden Umsatztes 2018» zu fordern. Etwas lächerlich wirken auch die Zusagen, wie beispielsweise «neue Forderungen sind durch das neue Geschäftsmodell ausgeschlossen» oder zuckersüss auch die Passage: «Zu diesem neuen Konzept werden keine separaten Absprachen mit den Verlagen getätigt».

Und zu guter Letzt folgt die Nebelpetarde mit der Annahme, dass «alle grossen Verlage sich beteiligen». Deren Entscheidung zum Sanierungsplan terminieren die Herren bis zum 15. Mai. Aber, so folgern Jörg Nürnberg und Carsten Brinkmeier messerscharf, «anderenfalls geht das Konzept nicht auf». Genau!