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Dienstag
24.06.2003

Wenn eine Quelle nicht über alle Zweifel erhaben erscheint, ist vor einer Publikation von schweren Vorwürfen besondere Zurückhaltung zu üben. Zumindest aber sind die Betroffenen vorgängig mit den Vorwürfen zu konfrontieren, teilte der Schweizer Presserat zu einer Beschwerde gegen «Le Matin Dimanche» am Dienstag mit. Berichtigt die Zeitung eine Falschmeldung, so muss sie dafür sorgen, dass die Leserschaft des fehlerhaften Artikels nun auch die Korrektur wahrnehmen kann. Besonders dann, wenn die eigene Berichtigung den früheren Vorwurf erheblich relativiert.

Grund für die Beschwerde war eine kritische Artikelserie Ende 2002 in «Le Matin Dimanche» über ein Entwicklungsprojekt des Kantons Jura in Rumänien. Laut den Berichten hatte ein Finanzexperte den Vorwurf der ungetreuen Geschäftsführung, der Veruntreuung, des Betrugs und der Urkundenfälschung erhoben. Die jurassische Regierung gelangte in der Folge an den Presserat und rügte, der angebliche «Experte» sei zuvor wegen Vermögensdelikten zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden und befinde sich in der bedingten Entlassung. Zudem seien die betroffenen Exponenten der jurassischen Behörden vor der Veröffentlichung des ersten Artikels nicht angehört worden. «Le Matin» wies die Beschwerde als unbegründet zurück.

Der Presserat befand, dass «Le Matin» angesichts des fragwürdigen «Experten» dessen Vorwürfe nicht ohne zusätzliche Recherchen und schon gar nicht ohne Anhörung der Kritisierten hätte veröffentlichen dürfen. Zudem genügte es angesichts eines massiven Umrechnungsfehlers (der angebliche Deliktsbetrag betrug nicht 1,35 Millionen sondern lediglich 1135 Franken) und des Unterschieds zwischen der grossen Reichweite von «Le Matin Dimanche» und der kleineren von «Le Matin» nicht, die entsprechende Berichtigung bloss in der Montagsausgabe von «Le Matin» abzudrucken. Siehe auch: http://www.presserat.ch/17150.htm.