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Dienstag
07.01.2003

Wenn eine Zeitung Aufnahmen eines öffentlich zugänglichen Anlasses abdruckt, auf denen nackte Teilnehmende zu sehen sind, verletzt dies nicht deren Privatsphäre. Das gilt, wenn weder einzelne Personen noch anatomische Details hervorgehoben werden. Zu diesem Schluss ist der Schweizer Presserat bei der Behandlung einer Beschwerde des Neuenburger Journalistenverbandes gelangt. Wie der Presserat am Dienstag mitteilte, ging es dabei um die Berichterstattung von «Le Matin» über die Aufnahmen, die der New Yorker Künstler Spencer Tunick auf der Neuenburger Expo-Arteplage von 1300 nackten Personen machte. Der Verband beschwerte sich darüber, dass die Westschweizer Zeitung entgegen dem Willen der Betroffenen anstelle der blossen Abbildung einer anonymen nackten Masse einzelne Personen blossgestellt habe. Damit sei deren Privatsphäre und Menschenwürde verletzt worden. «Le Matin» wies die Beschwerde als unbegründet zurück.

Laut Presserat haben die Personen, die sich von Tunick kollektiv fotografieren liessen, den geschützten Bereich der Privatsphäre freiwillig verlassen. Teilnehmende derartiger öffentlich zugänglicher Events müssten auch ohne explizite Einholung ihrer Einwilligung damit rechnen, in erkennbarer Weise abgebildet zu werden. Der im Rahmen der Expo.02 durchgeführte Anlass habe schon aufgrund der Teilnehmerzahl einen öffentlichen Charakter erhalten. Zudem hätten Expo-Besucher, Fotografen und Journalisten ohne jegliche Einschränkungen Zugang zur Veranstaltung gehabt. Die vollständige Stellungnahme des Presserates: http://www.presserat.ch/15960.htm