«Le Matin» hat mit Berichten über private Verbindungen zwischen einer Genfer Stadträtin und dem von ihr eingestellten Personaldirektor der Stadt nicht gegen den Schutz der Privatsphäre verstossen. Der Presserat hat eine entsprechende Beschwerde abgewiesen, wie er am Dienstag in einer Stellungnahme bekannt gab.
Im Oktober 2011 hatte die Tageszeitung in zwei Berichten über die Anstellung von Boris Drahusak als Personaldirektor der Stadt Genf durch SP-Stadträtin Sandrine Salerno berichtet. Darin wurde der Stadträtin «ungerechtfertige Bevorzugung» und «Vetternwirtschaft» vorgeworfen. So behauptete «Le Matin», Salerno sei Patin eines der Kinder Drahusaks, und gab an, die beiden Betroffenen hätten gegenüber der Zeitung zu der Sache keine Fragen beantworten wollen. Drahusak beschwerte sich daraufhin beim Presserat, weil «Le Matin» die Privatsphäre seiner Familie und die Verpflichtung zur Anhörung der Betroffenen vor der Publikation schwerer Vorwürfe verletzt habe.
Der Presserat wies die Beschwerde zurück. Wie er in seiner Stellungnahme schreibt, habe die Offenlegung des Patenverhältnisses im Interesse der Öffentlichkeit gelegen. Die Informationen hätten es der Leserschaft ermöglicht, den Grad der Nähe zwischen Salerno und Drahusak zu beurteilen. Zudem seien die Informationen so allgemein gehalten gewesen, dass die Privatsphäre des Kindes nicht verletzt worden sei.
Auch im zweiten Punkt hat der Presserat die Beschwerde abgewiesen. Zwar wäre es besser gewesen, wenn «Le Matin» in dem Artikel darauf hingewiesen hätte, dass sich Salerno und Drahusak bei ihrem Verzicht auf Stellungnahmen auf das Amtsgeheimnis berufen hatten, es wäre jedoch unverhältnismässig, aus dieser Unterlassung eine Pflichtverletzung abzuleiten.