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Mittwoch
03.03.2010

«Unversöhnlichkeit über den Tod hinaus», hiess der Artikel von Verena Schoder, Journalistin bei den «Obersee Nachrichten». Publiziert wurde er am 9. April 2009.

Die Story: Um den letzten Wunsch ihrer verstorbenen Mutter (84) zu erfüllen, sah sich eine Trauerfamilie aus Tuggen genötigt, die Begräbnismesse in der Kirche Reichenburg zu feiern. Grund: Dem Wunschpfarrer Francis Ola-king-al wurde der Zugang zum Altar der Tuggener Kirche verboten. Der frühere Tuggener Pfarrer habe sich nach zehnjähriger Tätigkeit mit der Kirchgemeinde Tuggen überworfen und sei «vertrieben» worden. Der aktuelle Amtsinhaber, Pfarrer Zelger, der gemäss einer Auskunft aus dem Bistum Chur selbst hätte entscheiden können, habe die Anfrage der Trauerfamilie an den Kirchenratspräsidenten weitergeleitet. Dieser habe «eigenmächtig» mit einem Nein entschieden.

Autorin Schoder kritisiert, vonseiten der Kirchgemeinde wäre eine Geste der Versöhnung gegenüber dem früheren Pfarrer angebracht gewesen. «Opfer des unsäglichen Konflikts ist die Trauerfamilie. Die Umstände, welche sie in Kauf nehmen musste (...) sind eines Pfarramts unwürdig.» Pfarrer Zelger habe - anstatt gegenüber der Zeitung Stellung zu nehmen - nur kurz angebunden gemeint: «So was gehört nicht in die Zeitung, und es muss auch nicht alles an die Öffentlichkeit.»

Am 25. Juni und 7. Juli 2009 gelangte der Kirchenratspräsident mit einer Beschwerde gegen die «Obersee Nachrichten» an den Presserat. Entgegen der Darstellung des Artikels von Verena Schoder habe der Kirchenratspräsident kein Verbot ausgesprochen. Vielmehr habe die betroffene Trauerfamilie den Rat von Pfarrer Zelger freiwillig befolgt, die Abdankung entweder mit ihm zu halten oder sie in Reichenburg durchzuführen. Die Journalistin habe sich nicht darum bemüht, die Wahrheit zu recherchieren. Der frühere Pfarrer sei nicht «vertrieben», sondern vom Bischof abberufen worden.

Mit der Veröffentlichung des Berichts hätten die «Obersee Nachrichten» die Richtlinien Wahrheitssuche, Trennung von Fakten und Kommentar, Quellen, Anhörung bei schweren Vorwürfen und Interview zur Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalisten verletzt. Zudem stelle der Artikel blosse Behauptungen als feststehende Fakten dar. Aufgrund der Einseitigkeit des Artikels sei daraus zu schliessen, dass der frühere Pfarrer dessen einzige Quelle darstelle.

Am 24. August 2009 beantragte die anwaltlich vertretene Redaktion der «Obersee Nachrichten», nicht auf die Beschwerde einzutreten. Der Fall werfe keine grundsätzlichen berufsethischen Fragen auf, die ein Eintreten rechtfertigten. Zudem missbrauche der Beschwerdeführer das Verfahren offensichtlich, um an die Namen von Zeugen heranzukommen. Materiell sei die Beschwerde unbegründet.

Das durch den Kirchenratspräsidenten ausgesprochene Verbot, die Begräbnismesse mit Pfarrer Ola-king-al in Tuggen durchzuführen, sei der Journalistin von zwei unabhängigen Quellen bestätigt worden. Ebenso habe der Mediensprecher des Bistums Chur ausgeführt, es sei ausschliesslich Sache des aktuellen Pfarrers, über das entsprechende Gesuch der Trauerfamilie zu entscheiden.

Am 25. August 2009 teilte der Presserat den Parteien mit, die Beschwerde werde vom Presseratspräsidium behandelt.

Jetzt hat der Presserat zugunsten der «Obersee Nachrichten» entschieden. Die Beschwerde des Tuggener Kirchenratspräsidenten wurde mit der Begründung: Die «Obersee Nachrichten» haben mit der Veröffentlichung des Artikels «Unversöhnlichkeit über den Tod hinaus» in der Ausgabe vom 9. April 2009 die Ziffern 1 (Wahrheit), 2 (Trennung von Fakten und Kommentar) und 3 (Quellen, Anhörung bei schweren Vorwürfen) und 4 (Interview) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (Wahrheitspflicht) nicht verletzt, abgewiesen.