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Mittwoch
04.01.2017

Medien / Publizistik

Medienkritiker müssen ab sofort schneller handeln, wenn sie einen Bericht vor dem Presserat beanstanden wollen: Die Beschwerdefrist wurde ab 2017 von sechs auf drei Monate reduziert.

In Anbetracht der Tatsache, dass Medienberichte über Twitter und weitere soziale Medien quasi «live» und ohne Unterbruch diskutiert werden, erscheint eine sechsmonatige Beschwerdefrist vor dem Presserat nicht mehr zeitgemäss.

«Die Frist wurde auf drei Monate verkürzt, um Presseratsverfahren insgesamt zu verkürzen. Der Presserat ist der Ansicht, dass drei Monate für Beschwerdeführende genügen, um zu entscheiden, ob sie eine Beschwerde einreichen wollen oder nicht», sagt Presserat-Geschäftsführerin Ursina Wey dem Klein Report auf Anfrage.

Damit wurde der Hebel bei der Beschwerdefrist anstatt bei einer verkürzten Behandlungsdauer durch den Presserat angesetzt, was ebenfalls zum Ziel eines insgesamt kürzeren Verfahrens geführt hätte: «Angesichts der Ressourcen des Presserats und des Milizcharakters des Gremiums sind diesem Ziel gewisse Grenzen gesetzt», begründet Wey.

Beschwerden, die vom Plenum behandelt werden, verzögern sich in der Praxis bereits dadurch, dass das Plenum nur einmal pro Jahr tagt. «Fristerstreckungsgesuche der Parteien sind ein weiterer Grund», erklärt die Geschäftsführerin zusätzlich die langen Verfahren vor dem Presserat.

Dass Artikel von Medien heute einer permanenten Diskussion in sozialen Medien unterworfen sind, macht den Presserat nicht überflüssig, wie Ursina Wey sagt: «Der Presserat begrüsst diese Entwicklung bzw. die Tatsache, dass Artikel breit und in unterschiedlichen Medien diskutiert werden.» Der Presserat selber wolle mit seiner Tätigkeit zur Reflexion über grundsätzliche medienethische Probleme beitragen und damit medienethische Diskussionen in den Redaktionen und im Publikum anregen. «Das eine schliesst somit das andere nicht aus», so Wey.

Neu in diesem Jahr ist zudem eine gewisse Sanktionierung, falls Medien nicht selber über Rügen des Presserates berichten. In solchen Fällen will der Presserat ab 2017 selber aktiver kommunizieren.

In der Präambel der Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten steht: «Es entspricht fairer Berichterstattung, zumindest eine kurze Zusammenfassung der Stellungnahme des Presserates zu veröffentlichen, die das eigene Medium betreffen.» Dabei handle es sich um eine «moralische Pflicht», wie Wey dem Klein Report erklärt, «nicht zuletzt auch den eigenen Leserinnen und Lesern, Nutzerinnen und Nutzern gegenüber».

Im vergangenen Jahr wurde diese «moralische Pflicht» von einigen Redaktionen nicht berücksichtigt, weshalb der Presserat nun selber aktiv informieren will. «Mit der Nennung der Namen der Medien, welche über Rügen des Presserats nicht berichten, soll dieser Verpflichtung Nachdruck verliehen werden», sagt Wey abschliessend dazu.