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Mittwoch
03.12.2014

Medien / Publizistik

Gleich zwei Beschwerden, die sich mit der Voreingenommenheit von Grenchens Stadtpräsident François Scheidegger befassen, hat der Presserat abgelehnt.

Als Richter soll François Scheidegger einen 36-jährigen Grenchner freigesprochen haben, der im August 2011 in seiner Wohnung randaliert und dabei einen Polizisten verletzt hatte. Der Freigesprochene ist der Sohn eines Ehepaares, das im Wahlkampfkommitee von Scheidegger aktiv war. Und auch der Verteidigter des Angeklagten war Mitglied dieses Kommitees. Moser und später auch Furrer stellten deshalb die Frage nach der Befangenheit Scheideggers.

Der Artikel «Heikles Urteil als Richter: Vorwürfe gegen Grenchens neuen Stadtpräsidenten» von Christof Moser wurde am 27. Oktober 2013 in der «Schweiz am Sonntag» veröffentlicht. Der Bericht «Zweifel an Scheideggers Unbefangenheit» von Patrick Furrer erschien am 29. Oktober im «Bieler Tagblatt» und stützte seine Argumentation auf die «Schweiz am Sonntag».

Der freigesprochene Mann beschwerte sich beim Presserat darüber, dass sein Name in den Artikeln nicht genügend unkenntlich gemacht worden sei, weil der Anfangsbuchstabe seines Familiennamens verwendet wurde. Der Presserat kommt zum Schluss, dass dieser Buchstabe verbunden mit den Fakten, die in den Berichten erwähnt werden, keinen Rückschluss auf die Identität des Mannes zuliessen.

Der Beschwerdeführer monierte zudem, dass sein Verteidiger zum Zeitpunkt der Gerichtsverhandlung noch gar nicht Angehöriger des Wahlkampfkommitees gewesen sei. Dies hält der Presserat für nicht relevant, da der Rechtsanwalt wenig später beigetreten sei.

«Die Zeitung wirft die Frage auf, ob Richter Scheidegger angesichts dieser Tatsache nicht hätte in den Ausstand treten sollen», fasst der Presserat den Artikel der «Schweiz am Sonntag» zusammen. «Zu diesem Vorwurf kommt Richter Scheidegger zu Wort. Die prozessuale Ausgangslage tut in Bezug auf diese Frage nichts zur Sache, sondern einzig und allein die Frage, ob der Richter die in der schweizerischen Strafprozessordnung genannten Ausstandsregeln eingehalten hat oder nicht.»

Auch die Beschwerde gegen das Wort «Provinzposse», das vom Journalisten Christof Moser im Artikel verwendet worden war, liess der Rat nicht gelten. Es handle sich um ein Werturteil, das sich auf unbestrittene Fakten stütze.

Es sei Aufgabe der Medien, auf «heikle Konstellationen» im Justizbereich hinzuweisen, kommt der Presserat in beiden Fällen zum Schluss.