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Dienstag
04.06.2002

Satire darf Religionen und Glaubensüberzeugungen in Frage stellen. Sie darf aber weder religiöse Symbole verunglimpfen noch die Gefühle von Gläubigen verletzten. Mit dieser Begründung hat der Presserat eine Beschwerde gegen das «Journal du Jura» abgewiesen. Die Tageszeitung hatte Ende 2001 in ihrer satirischen Rubrik «Impertinences» (Unverschämtheiten) zwei Kommentare zu religiösen Themen veröffentlicht, wie der Schweizer Presserat am Dienstag mitteilte. Im ersten Text wollte der Autor mit einem Bibelzitat beweisen, dass auch das Christen- und das Judentum Gewalt rechtfertigen, und nicht nur der Islam. Im zweiten Text bedauerte der Autor, dass ausgerechnet an Weihnachten, dem Fest der Nächstenliebe, Alleinstehende und Einsame allein gelassen würden. Grund dafür sei die Schliessung eines Grossteils der Geschäfte und Restaurants.

Die reformierten Kirchen der Kantone Bern und Jura beschwerten sich über die beiden Artikel beim Presserat. Die Artikel hätten zahlreiche Angehörige des christlichen Glaubens verletzt und zudem unterschwellige antisemitische Formulierungen enthalten. Der Presserat kommt zum Schluss, die Kommentarfreiheit erlaube es, die Christen aufzufordern, zuerst ihre eigene zum Teil gewalttätige Tradition zu hinterfragen, bevor sie den Islam generell für Gewalt verantwortlich machen würden. Der zweite Text bewegt sich gemäss Presserat hingegen «an der Grenze des Zulässigen», weil er keine Rücksicht auf die «besondere Sensibilität gläubiger Christen in der Weihnachtszeit» nehme. Müssten Medienschaffende jedoch «allzu weit auf die subjektive Betroffenheit Gläubiger Rücksicht nehmen», würde Satire zu religiösen Themen verunmöglicht. Eine so weit gehende Einschränkung der Pressefreiheit könne jedoch nicht hingenommen werden, findet der Presserat. Deshalb wies er auch die Beschwerde gegen den zweiten Kommentar ab. Die Stellungnahme im Wortlaut: http://www.presserat.ch/15460.htm