Eine Frau suchte im Januar 2015 unter starken Bauchschmerzen das Bürgerspital in Solothurn auf. Noch während den Untersuchungen veranlasste sie selbstständig ihre Verlegung in ein Berner Privatspital. Dort wurde sie notfallmässig wegen eines Darmverschlusses operiert.
Der Regionalsender Tele M1 griff dieses Thema auf und strahlte einen Beitrag dazu aus, in dem der Vorwurf erhoben wird, dass die untersuchenden Ärzte in Solothurn den Gesundheitszustand der Frau nicht ernst nahmen und sie daher hätte sterben können.
Der Beitrag stützte sich dabei weitgehend auf Statements der Patientin und ihrer Mutter und enthielt keine Stellungnahme des Spitals. Aus diesem Grund reichte die Solothurner Spitäler AG Beschwerde gegen Tele M1 und die «Solothurner Zeitung» ein, die den Bericht des Senders in ihrem Blatt aufgenommen hatte.
Der Schweizer Presserat heisst diese Beschwerde nun gut. Der Fernsehsender hat laut dem Rat die «journalistische Sorgfaltspflicht eklatant verletzt». Die Zeitung wird dafür gerügt, dass sie den Beitrag ohne ergänzende Recherchen übernommen hat.
«Die Wahrheitssuche setzt die Beachtung verfügbarer und zugänglicher Daten und derer Überprüfung voraus», schreibt der Presserat in einer Mitteilung. Angesichts der Schwere der Vorwürfe sei eine Anhörung des Spitals zwingend gewesen. Tele M1 habe im Beitrag jedoch den Eindruck erweckt, dass die Verantwortlichen keine Stellung nehmen wollten und sich hinter dem Arztgeheimnis verstecken würden - die Patientin hatte das Spital zu der Zeit aber noch gar nicht von der Schweigepflicht entbunden.
«Tele M1 hätte darauf hinweisen müssen, weshalb eine solche Stellungnahme im Beitrag fehlt oder mit der Ausstrahlung zuwarten müssen», so der Presserat.