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Mittwoch
19.01.2011

Der Schweizer Presserat verurteilt die Publikation von Polizeibildern bei der Berichterstattung der Boulevardzeitung «Blick» über den sogenannten Bügeleisen-Prozess. Mit der Veröffentlichung von Bildern aus der Tatnacht habe der «Blick» vornehmlich voyeuristische Bedürfnisse befriedigt und die Beschuldigte schutzlos der öffentlichen Neugierde ausgeliefert. Dies teilt der Presserat am Mittwoch mit.

Im Herbst 2010 berichtete der «Blick» mehrere Tage gross aufgemacht über einen Strafprozess, in dem der Beschuldigten vorgeworfen wurde, im Frühjahr 2003 ihren Ehemann nach einem eskalierenden Ehestreit mit dem Bügeleisen erschlagen zu haben. Ein Leser sowie später auch die vom Gericht wegen Totschlags zu 22 Monaten Gefängnis bedingt verurteilte Frau und ihre vier Kinder beschwerten sich daraufhin beim Presserat.

Die beiden Beschwerden rügten hauptsächlich die Veröffentlichung von Polizeifotos aus der Tatnacht. Die Veröffentlichung der «blutrünstigen Fotos» verstosse gegen die Menschenwürde der Abgebildeten und ihrer Angehörigen. Die Abgebildete sei zudem aufgrund der Bilder und weiterer im Bericht enthaltener Angaben für Dritte identifizierbar gewesen. Zudem habe der «Blick»-Reporter in Zuwiderhandlung einer Anordnung der Gerichtspräsidentin im Gerichtssaal eine Aufnahme der Beschwerdeführerin und ihrer Anwältin gemacht und das identifizierende Bild veröffentlicht.

Der «Blick» erwiderte, die Schwester des Verstorbenen sei rechtlich legitimiert gewesen, die Bilder zur Publikation freizugeben. Wenn es um ein Tötungsdelikt mit einem Bügeleisen gehe, könne man zudem keine harmlosen Bilder erwarten. Die Berichte hätten die Beschwerdeführerin aber keineswegs in ihrem Menschsein herabgesetzt. Und weder sie noch das Opfer seien auf den Bildern erkennbar.

In seiner Stellungnahme verneint der Presserat ein öffentliches Interesse an der Veröffentlichung der dem «Blick» von einer Prozesspartei zugespielten Polizeibilder. Vielmehr diene die Publikation dieser «Schockbilder» vornehmlich der Befriedigung voyeuristischer Bedürfnisse. Mit der Veröffentlichung liefere die Zeitung die Beschwerdeführerin schutzlos der Neugierde des Publikums aus und verletze damit ihre Persönlichkeit und Menschenwürde. Ebenso rügt der Presserat die Aufnahme und Veröffentlichung eines die Beschwerdeführerin identifizierenden Bildes aus dem Gerichtssaal. Weder habe ein überwiegendes öffentliches Interesse an der verdeckten Aufnahme noch ein solches an der Veröffentlichung des Bildes bestanden.