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Dienstag
03.02.2004

Medien dürfen bei der Berichterstattung über Prozesse die Unschuldsvermutung nicht durch eine Vorverurteilung beeinträchtigen. Dies hält der Presserat am Dienstag im Zusammenhang mit Berichten über den Fall Guido A. Zäch fest. Zwar hat der Presserat eine Beschwerde der Schweizer Paraplegiker Stiftung gegen die «SonntagsZeitung» und die Zeitschrift «Facts» zur Hauptsache abgewiesen, dennoch enthält seine Stellungnahme eine Rüge für die beiden Tamedia-Produkte.

Die Leser hätten beim Aushang der «SonntagsZeitung» mit dem Titel «Guido Zäch: Spenden-Missbrauch» den tatsachenwidrigen Eindruck gewinnen können, es liege bereits eine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung vor, schreibt der Presserat. Damit sei das Gebot der Unschuldsvermutung verletzt. «Facts» hätte laut Presserat eine Mitarbeiterin von Guido A. Zäch mit den schweren Vorwürfen konfrontieren müssen, die im Bericht gegen sie erhoben wurden. Insgesamt hätten die Berichte beider Medien aber die Unschuldsvermutung respektiert, die Anhörungspflicht gegenüber Zäch eingehalten und die Informationen nicht unlauter beschafft, hält der Presserat fest.

Medien sollten über Prozesse berichten, auch wenn die Phase vor einem Prozessbeginn unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensbeeinflussung als besonders heikel erscheine. Doch gerade dann bestehe ein erhöhtes öffentliches Interesse. Dies werde noch verstärkt, wenn es um eine bekannte Person wie den Paraplegikerarzt und Nationalrat Guido A. Zäch gehe, und wenn die gegen diese Person erhobenen Vorwürfe von den Medien bereits breit thematisiert worden seien. Die Medien seien auch bei der Gerichtsberichterstattung nicht zu «Objektivität» verpflichtet, heisst es weiter.