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Donnerstag
02.05.2013

Der Presserat hat eine Beschwerde gegen den «Blick» gutgeheissen, weil die Zeitung zu viele Informationen über einen Angeklagten veröffentlicht hatte. Der «Blick» berichtete im September 2012 unter dem Titel «Manuel (19) sticht Betreuerin in den Hals» über ein Gerichtsverfahren vor dem Bezirksgericht Zürich. Neben dem Vornamen, dem Initial des Nachnamens und dem Wohnort publizierte die Boulevardzeitung auch ein Facebook-Bild des Jugendlichen, der laut dem Bericht wegen versuchter Tötung zu sechs Jahren Haft verurteilt wurde.

Der Betroffene gelangte daraufhin an den Presserat und beschwerte sich, die Veröffentlichung des Berichts verletze die Ziffer 7 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (Identifizierung). Das Augenmerk richtete der Beschwerdeführer auf das Bild. Zwar seien die Augen auf dem publizierten Bild mit einem schmalen Balken abgedeckt, er sei aufgrund des Bilds, der Nennung des Vornamens und des ersten Buchstabens seines Nachnamens über sein engeres Umfeld hinaus erkennbar. Denn charakteristische Identifikationsmerkmale wie die Kurzhaarfrisur oder der geometrisch geformte Bart, ein diamantfarbener Ohrring sowie die sehr markanten Gesichtszüge liessen die Identifizierung durch einen Personenkreis zu, der ausschliesslich durch die Medien informiert wurde.

Der Presserat folgte dieser Argumentation in weiten Teilen. «Allein aufgrund der einzelnen Informationselemente ist der Beschwerdeführer nach Auffassung des Presserats zwar für Dritte ausserhalb seines sozialen Umfelds kaum erkennbar», teilte das Gremium mit. «Die Kombination von Vorname und Initial des Nachnamens, der Angabe des Wohnheims und vor allem die völlig ungenügende Abdeckung des Bilds mit einem schmalen schwarzen Balken macht ihn aber für einen unverhältnismässig grossen Kreis der Leserschaft erkennbar.» Zudem habe der Presserat bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass aus der Veröffentlichung eines Bilds in Facebook oder in vergleichbaren Netzwerken nicht abgeleitet werden dürfe, dass Medien dieses Bild unbesehen weiterverbreiten dürften.

Der Rat hiess die Beschwerde gut und stellte eine Verletzung der Ziffer 7 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» fest.