Der Quellenschutz darf im Rahmen eines Informationsaustausches mit Dritten nicht preisgegeben werden, um dadurch Zugang zu neuen Informationen zu erhalten. Der Informationsaustauch mit Dritten auf der Basis des gegenseitigen «Geben und Nehmens» sei ansonsten aber berufsethisch nicht a priori zu verurteilen, sofern dadurch die gebotene journalistische Unabhängigkeit nicht beeinträchtigt werde, schreibt der Schweizer Presserat am Freitag in einer Stellungnahme.
Im konkreten Fall kritisiert der Schweizer Presserat einen freien Journalisten, der enge berufliche Beziehungen mit dem damaligen Genfer Staatsanwalt Laurent Kasper-Ansermet unterhalten hatte. Die «Tribune de Genève» hatte im Dezember 1999 über
Zeugenaussagen des Journalisten vor einem Untersuchungsrichter berichtet. Die Zeugenaussagen betrafen das Verhalten von Kasper-Ansermet in der Affäre Noga. Kasper-Ansermet war im Visier der Justiz, weil dem damaligen Staatsanwalt in den Ermittlungen gegen die Firma Noga des Genfer Financiers Nessim Gaon illegale Handlungen vorgeworfen wurden. Ein Beschwerdeführer wollte vom Presserat wissen, ob der Journalist mit seiner Zeugenaussage nicht gegen die Pflicht zur Geheimhaltung vertraulicher Informationen verstossen habe und sich durch seinen Informationsaustausch mit dem Staatsanwalt nicht zum «Gehilfen» der Justiz gemacht habe. Der Presserat gelangt zum Schluss, dass aus den ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen nicht abgeleitet werden könne, dass der Journalist die Quellen vertraulicher Informationen preisgegeben habe. Trotzdem habe dieser die gebotene Zurückhaltung bei seinen beruflichen Beziehungen mit Kasper-Ansermet vermissen lassen. (SDA)
Freitag
08.09.2000