Die elektronische Archivierung von Medienberichten ermöglicht einen im Vergleich zu herkömmlichen Zeitungsarchiven einfacheren und schnelleren Zugang zu Daten. Aufgrund dieser verstärkten Langzeitwirkung der veröffentlichten Information ist eine noch konsequentere Einhaltung der berufsethischen Normen bei der Recherche und Veröffentlichung von journalistischen Beiträgen zu fordern. Hingegen kann allein aus der Tatsache, dass die Wirkung eines Medienberichts aufgrund seiner elektronischen Archivierung nun länger anhält, nicht eine Pflicht einer Medienredaktion abgeleitet werden, einen ursprünglich ohne Beanstandung des Betroffenen veröffentlichten Artikel mehrere Jahre später zu korrigieren. Zu diesen Schlüssen ist der Presserat in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme gelangt.
Im November 2000 veröffentlichte «L`Impartial» einen Bericht über einen Strafprozess. Im Mai 2003 gelangte einer der beiden Angeschuldigten, der im damaligen Bericht namentlich genannt worden war, mit einer Beschwerde an den Presserat. Er machte geltend, seine Identität hätte nicht bekannt gegeben werden dürfen. Zudem habe die Zeitung die Unschuldsvermutung verletzt. Auf seine Beschwerde sei ungeachtet der Verwirkungsfrist für Presseratsbeschwerden von einem Jahr einzutreten, weil der Medienbericht im elektronischen Archiv der Société Neuchâteloise de Presse (SNP; Herausgeberin von «L`Impartial») nach wie vor für jedermann abrufbar sei. Die SNP wies die Beschwerde als unbegründet zurück, räumte jedoch ein, dass sie hinsichtlich der elektronischen Archivierung ein Grundsatzproblem aufwerfe.
In seiner Stellungnahme hält der Presserat an der einjährigen reglementarischen Verwirkungsfrist fest und tritt deshalb nicht auf die Beschwerde ein. Auch wenn elektronische Archive im Vergleich zu herkömmlichen Papier- oder Mikrofilmarchiven einfacher zugänglich seien, ändere dies nichts am Prinzip, dass ein einmal veröffentlichter Medienbericht nicht nachträglich abgeändert werden sollte. Vielmehr sei er gegebenenfalls durch eine redaktionelle Berichtigung zu ergänzen. Wichtig sei dabei allerdings, dass auf eine allfällige Berichtigung ebenso einfach elektronisch zugegriffen werden kann.
Dienstag
14.10.2003