Redaktionen sind nicht verpflichtet, die persönlichen Angaben aller Kommentatoren in Onlineforen zu prüfen. Eine flächendeckende Überprüfung aller Teilnehmer in den Foren und Kommentarspalten ist nach Meinung des Presserats unverhältnismässig. Zu diesem Resultat kommt die Beschwerdeinstanz in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme zu einer Beschwerde gegen die Tageszeitung «Le Matin».
Gegenstand der Beschwerde war ein Leserkommentar, der auf einer Webseite und auch in der Printausgabe von «Le Matin» publiziert worden war. Unter dem Namen «Henry Mathys» hatte sich der User in einer Debatte zum Thema «Sicherheit auf den Skipisten» kritisch gegen die Suva geäussert. Daraufhin beschwerte sich der echte Henry Mathys, seines Zeichens Pressesprecher der Suva für die Westschweiz, beim Presserat über die widerrechtliche Verwendung seines Namens.
Mathys monierte, dass die Redaktion von «Le Matin» den Leserkommentar veröffentlicht hat, ohne vorab den Absender zu überprüfen, denn offensichtlich habe ihm jemand durch die Verwendung seines Namens schaden wollen. Zwar habe «Le Matin» den Kommentar unverzüglich von ihrer Webseite entfernt, doch für die gedruckte Ausgabe sei es bereits zu spät gewesen.
Der Presserat aber teilt die Ansicht des Beschwerdeführers nicht, dass die Redaktion dadurch die «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verletzt hat. Zwar hält er in seiner Stellungnahme am Grundsatz der Identifizierung fest - Onlinekommentare sind mit Namen zu zeichnen -, doch seien die Redaktionen nicht verpflichtet, die Angaben der Teilnehmer von Onlineforen flächendeckend zu überprüfen. Eine solche Pflicht, heisst es abschliessend, bestünde auch bei herkömmlichen Leserbriefen nicht.




