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Freitag
20.09.2002

Der Schweizer Presserat hat am Freitag fünf Entscheide veröffentlicht, bei denen das Aufsichtsgremium über die Medienberichterstattung jeweils zum Schluss gekommen ist, die Klagen gegen angebliche Verstösse gegen die «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» seien «offensichtlich unbegründet» gewesen. Die fünf Fälle betreffen zweimal den «Blick» sowie je einmal die «Neue Zürcher Zeitung», den «SonntagsBlick» und die «Thurgauer Zeitung». Zu den Fällen im einzelnen:
o Ohne Beweismittel oder Argumente hatte ein «Blick»-Leser behauptet ein Bild der Fotoagentur Keystone über eine Demonstration sei eine (undeklarierte) Montage gewesen. Dazu schreibt der Presserat, eine Redaktion habe «keinerlei Gründe, die rein theoretisch immer denkbare Möglichkeit einer Montage abzuklären, wenn ein Bild von einer anerkannten Bildagentur stammt, die für ihre seriöse Arbeit bekannt ist.»
o Ein anderer Beschwerdeführer hatte das «Blick»-Plakat vom 31. Mai 2002 kritisiert mit der Schlagzeile «Blutbad in Zug – Das brutale Schicksal von Y.» Dieser Aushang sei irreführend, weil man an ein neuerliches Blutbad in Zug nach demjenigen vom September 2001 denken könne. Auch dazu verliert der Presserat nicht viele Worte, da ein Plakat verknappen dürfe und nicht das Datum auch noch wiedergeben müsse.
o In der NZZ hatte ein Leser den Titel «Hohe israelische Verluste durch den Widerstand in Jenin» moniert: Die 13 israelischen Toten gegenüber den mindestens 150 toten Palästinensern würden eine diskriminierende Wertung enthalten, indem die 13 Opfer auf israelischer Seite als mehr «wert» dargestellt würden als die 150 auf der Gegenseite. Der Presserat weist diese Interpretation zurück, weil der Artikel eine militärpolitische und keine humanitäre Wertung anstelle, die im Titel verkürzt aber keineswegs verfälscht zusammengefasst sei.
o Die SoBli-Berichterstattung über einen in Zürich durch ein Polizeiauto angefahrenen und schwer verletzten Mann unter dem Stichwort «Polizeigewalt» hatte ein weiterer Kunde des Presserats als gegen die Menschenwürde der Polizei gerichtet kritisiert. «Offensichtlich unbegründet» sagt der Presserat auch in diesem Fall, da dieses Ereignis zu einer Reihe von ähnlichen Vorkommnissen gehöre, bei denen die polizeiliche Gewaltausübung durchaus kritische Aspekte gezeigt habe.
o Und schliesslich war die «Thurgauer Zeitung» angeklagt, in einer Gerichtsberichterstattung einen Prozessgegner zwar namentlich nicht genannt, inhaltlich aber durchaus erkennbar portraitiert zu haben, wobei die Unschuldsvermutung verletzt worden sei. Dem widerspricht der Presserat: Der Artikel verbreite keine falschen Eindrücke, und im übrigen gebe es keine Pflicht zu «objektiver» und ausgewogener Berichterstattung.