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Donnerstag
29.06.2017

Medien / Publizistik

Haben Werbetreibende das letzte Wort?

Haben Werbetreibende das letzte Wort?

Bei Watson verwischen die Grenzen zwischen Werbung und redaktionellen Beiträgen: Ein potenzieller Verstoss gegen den Journalistenkodex gehört sogar zum Geschäftsmodell dazu, findet der Presserat in einem aktuellen Fall und reagiert nun auf die Problematik Native Advertising mit einer Anpassung seiner Richtlinien.

Konkret steht zur Debatte, dass bei Watson nicht die Redaktion, sondern die Werbetreibenden das letzte Wort haben. Sprich: Gefällt dem Auftraggeber ein für ihn erstellter Artikel nicht, so kann er Änderungen vorschlagen oder ganz darauf verzichten, seine Werbung bei Watson zu schalten, wie der Klein Report aufzeigte.

Im aktuellen Fall hat sich der Presserat mit dem Native-Advertising-Modell auseinandergesetzt. Das Fazit: Bei Watson gehört ein potenzieller Verstoss gegen Ziffer 10 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» - nämlich dem Verbot für Journalisten, von Werbetreibenden Bedingungen für ihre Arbeit zu akzeptieren - «sozusagen zum Geschäftsmodell dazu», so der Presserat im O-Ton.

Im konkreten Beschwerdefall - ein Sport-Onlinequiz auf watson.ch, das am Ende mit einer Werbung der Krankenkasse Sanagate versehen war - sei Watson zwar nicht nachzuweisen, dass die Auftraggeber tatsächlich Einfluss genommen hätten. Deshalb habe man von einer Rüge abgesehen.

Sollte der Anzeigenkunde aber von seinem Recht Gebrauch machen, produzierte Inhalte abzulehnen, sei die in Ziffer 10 festgeschriebene redaktionelle Autonomie «nicht nur geritzt, sondern eindeutig verletzt», hält der Presserat fest. Dies sei selbst dann der Fall, wenn dem Kunden nur belanglose Wünsche in Bezug auf einzelne Formulierungen erfüllt werden sollten.

Doch damit noch nicht genug: Die Beschwerdeführerin wollte weiter wissen, ob beim beanstandeten Artikel ersichtlich war, dass es sich um Werbung handelte. Diese Beschwerde wies der Presserat zwar ab, da im konkreten Fall eine gestalterisch klare Abgrenzung zwischen Quiz und Inserat gegeben und das Quiz «als präsentiert von Sanagate» gekennzeichnet gewesen sei.

Trotzdem nahm der Presserat die Beschwerde als Auslöser, seine Richtlinien zum Journalistenkodex genauer zu definieren, damit sie auch auf neu entwickelte Werbeformen wie «etwa Native Advertising zweifelsfrei anwendbar» seien, wie er in einer Mitteilung schreibt.

Konkret sind beim Artikel zur Trennung von redaktionellen Teilen und Werbung neben der Werbung nun auch «bezahlte oder durch Dritte zur Verfügung gestellte Inhalte» explizit erwähnt. Diese müssen neu ebenfalls klar als Werbung deklariert werden.

Weiter hat der Presserat seine Richtlinie zu Sponsoring dahingehend ergänzt, dass bei Pressereisen erwähnt werden muss, wer die Kosten dafür übernommen hat. Zudem muss auch bei solchen Reisen die redaktionelle Freiheit gewahrt werden. Eine Randnotiz: Der Klein Report hatte den Presserat bereits Anfang Juni mit einem «20 Minuten»-Artikel zu diesem Thema konfrontiert. In besagtem Artikel wurde ein Journalist der Gratiszeitung nach Monaco eingeladen.