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Donnerstag
03.01.2019

Medien / Publizistik

Der «Blick am Abend» berichtete von einem «schockierenden Fall von Kindesmissbrauch» und unterstellte der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) in einem unsorgfältig recherchierten Artikel, dass sie trotz Warnsignalen untätig geblieben sei.

Im Artikel «Vater warnte Behörden vor Fetisch-Mutter» vom 6. März 2018 wird der Fall einer Mutter geschildert, die ihre vierjährige Tochter zu einer «Sex-Sklavin» ausgebildet habe. Im Text kommt der leibliche Vater zu Wort. Er habe gegenüber der KESB seinen Verdacht geäussert, dass die Tochter missbraucht würde. Doch die Behörde sei der Sache nicht weiter nachgegangen.

Weder die Mutter noch die KESB wurden zu den schweren Vorwürfen angehört. Ein laufender Strafprozess gegen die Mutter wegen mehrfacher sexueller Handlungen mit einem Kind und wegen mehrfacher Pornografie wurde im «Blick am Abend» gar nicht erwähnt.

Das Ringier-Blatt erklärte vor dem Presserat: «Nicht jeder handwerklich schlechte Artikel – worum es sich handle – sei ein medienethisches Problem.» Schliesslich habe der «Blick am Abend» nichts Unwahres berichtet.

Der Presserat sah es anders. Der vom Vater geäusserte Verdacht werde als Tatsache dargestellt, obwohl die Anschuldigungen weder überprüft noch die kritisierte Behörde dazu angehört wurden. Gleichzeitig habe «Blick am Abend» wesentliche Informationen unterschlagen, indem die bestehende Anklage gegen die Mutter verschwiegen wurde.

Nicht zuletzt wäre gemäss Presserat zum Schutz des Kindes im Bericht deutlich mehr Zurückhaltung angebracht gewesen. Die detaillierte Schilderung einzelner Sexpraktiken wäre für die Berichterstattung im «Blick am Abend» nicht erforderlich gewesen.