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Freitag
12.04.2002

Der Presserat zeigt sich besorgt darüber, dass Schweizer Medien kurz davor stehen könnten, mit der Privatsphäre nicht mehr diskret, sondern rücksichtslos umzugehen. «Wir hoffen auf vertieftes Nachdenken in den Redaktionen», sagte Presserat Präsident Peter Studer bei der Präsentation des Jahresberichts 2001 am Freitag in Zürich. Er befürchtet einen «Paradigmenwechsel», den er mit dem verstärkten Wettbewerb, der Trivialisierung der Politik, dem Hang zur Personalisierung und der Zuspitzung von Thesen auf Kosten der Opfer begründet. Studer kritisiert insbesondere, dass auf Fairness, etwa das Befragen aller Betroffenen, verzichtet werde und ethische sowie rechtliche Schwellen gesenkt würden. Diesbezüglich nannte Studer auch den Fall Ringier/Borer, den der Presserat von sich aus aufgreifen wolle, falls keine Beschwerde eintreffe. Der Presserat gab an, dass von den 54 Stellungnahmen, die er im letzten Jahr veröffentlicht hatte, 20 den Persönlichkeitsschutz betrafen. An zweiter und dritter Stelle folgten 15 Beschwerden wegen unlauterer Recherchen und 9 wegen der Behandlung von Leserbriefen. Auch Verstösse gegen die Wahrheitspflicht und Fälle von Diskriminierungen mussten vom Presserat bearbeitet werden. 2001 stieg die Zahl der eingegangenen Beschwerden von 55 auf 68. Zwei Fälle griff der Presserat von sich aus auf. 70 Verfahren wurden abgeschlossen.