Der Presserat hat sich mit einem Titelbild von «20 Minuten» befasst, das einen Täter eines Attentats in London zeigte. Unter dem Titel «Islamisten köpfen Mann mitten in London» berichtete die Gratiszeitung über den Überfall zweier «Islamisten», die «auf offener Strasse mit Hackmessern und Macheten einen Soldaten geköpft» hätten.
Beim Presserat ging daraufhin eine Beschwerde ein, die monierte, dass die Titelseite «unverhältnismässig» sei. Die Bildsprache sei «unmissverständlich menschenverachtend, respektlos». «20 Minuten» liege überall und ohne Altersbeschränkung gratis auf und liege, einmal gelesen, im öffentlichen Raum herum. Gerade für Kinder und Jugendliche seien solche Bilder aus medienpädagogischer Sicht sehr schädlich.
Die Redaktion von «20 Minuten» beantragte, die Beschwerde abzuweisen, da die Öffentlichkeit einen Anspruch gehabt habe, über die Tat informiert zu werden, und das inkriminierte Bild «schon vorgängig weltweit gezeigt» worden sei. Gerade Jugendliche hätten im Internet häufig darauf zugegriffen. Ausserdem seien auf dem Bild keine Sterbenden, Leidenden oder Leichen zu sehen.
Der Presserat stellte fest, dass das Bild keine Opfer zeigt und weder einen lokalen noch einen regionalen Bezug hat, weshalb kaum davon auszugehen sei, dass die Interessen der Opfer und deren Angehöriger sowie der Angehörigen der Täter von London durch die Veröffentlichung des Bildes massgeblich beeinträchtigt werden. Eine Verletzung des Opferschutzes verneinte der Presserat deshalb.
Es erscheine allerdings als fragwürdig, einen Täter unmittelbar nach der Tat zu zeigen, wie er mit seiner blutigen rechten Hand gestikuliert und zwei Tatwaffen - ein Messer und ein Beil - in seiner ebenfalls blutbefleckten linken Hand hält. Dass das Bild «schon vorgängig weltweit gezeigt» wurde, sei nicht massgeblich.
Im Gegensatz zu einem Bild, das den abgetrennten Kopf einer jungen palästinensischen Selbstmordattentäterin zeigt und vom Presserat beanstandet wurde, sei im vorliegenden Fall das Bild durch die Bildlegende und den zugehörigen Text erläutert und ergänzt.
«Auch wenn die Publikation des Bildes grenzwertig erscheint und die Grenzen des guten Geschmacks strapaziert, wirkt es nicht sensationalistisch und stellt den Täter nicht in erniedrigender Weise dar», so der Presserat. «Im Gegenteil dokumentiert das Bild die beunruhigende Tatsache, dass eine solche Tat mitten auf der Strasse einer europäischen Hauptstadt (und beliebten Touristenattraktion) geschehen kann.»
Das Bild trage damit - so schwer es auch anzuschauen sei - Wesentliches zur Berichterstattung bei, urteilte der Presserat und wies die Beschwerde deshalb ab.