Betroffene müssen umfassend angehört werden, wenn gegen sie schwere Vorwürfe erhoben werden. Der Schweizer Presserat hat aus diesem Grund eine Beschwerde gegen das Tennismagazin «Smash» teilweise gut geheissen. «Smash»-Chefredaktor Peter Rothenberger hatte im März 2002 einen Artikel über die Schweizer Tennisspielerin Patty Schnyder und deren Freund Rainer Hofmann veröffentlicht. Dieser gelangte an den Schweizer Presserat und rügte, das Magazin habe gleich mehrere journalistische Grundsätze verletzt.
Hofmanns Hauptvorwurf war, der «Smash»-Artikel bilde den Höhepunkt einer ungerechtfertigten Pressekampagne der Schweizer Medien. Rothenberger habe darüber hinaus die Sorgfaltspflicht verletzt und Unwahrheiten verbreitet. Zu den meisten Vorwürfen sei er zudem nicht angehört worden. Rothenberger habe sich zum Sprachrohr der Eltern Patty Schyders gemacht, die die Beziehung ihrer Tochter zu ihm kritisiert hatten. Der Schweizer Presserat gibt Hofmann in seinem am Dienstag veröffentlichten Entscheid teilweise recht. «Smash» habe das Fairnessprinzip verletzt, indem es Hofmann und Patty Schnyder nicht umfassend zu den sie betreffenden schweren Vorwürfen angehört habe. Ihre Stellungnahme sei zudem nur ungenügend wiedergegeben: weder einzeln zu allen Vorwürfen noch in der Form eines globalen Dementis. Auch sei die Wahrheitspflicht verletzt worden, schreibt der Presserat weiter. Rothenberger habe zwei im Gesamtkontext eher nebensächliche Falschinformationen wiedergegeben.
Der Presserat ist aber der Ansicht, dass es unverhältnismässig wäre, eine Gegendarstellung zu verlangen. Die Unrichtigkeiten seien nicht zentral für den Artikel. Ausserdem habe «Smash» im April 2002 bereits eine ausführliche Gegendarstellung Patty Schnyders veröffentlicht. Alle übrigen Beschwerden Hofmanns wies der Presserat als unbegründet zurück. Er betonte zudem, dass er sich zu zahlreichen Vorwürfen Hofmanns nicht habe äussern können. Im Gegensatz zu einem staatlichen Gericht verfüge der Presserat nicht über die Mittel, sich in einem umfangreichen Beweisverfahren der Wahrheit anzunähern.
Dienstag
26.11.2002