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Dienstag
25.06.2002

Wegen Verstosses gegen die Wahrheitspflicht hat der Schweizer Presserat eine Beschwerde eines Leserbriefschreibers gutgeheissen. Die Zeitung habe fälschlicherweise den Anschein erweckt, der Freispruch des Leserbriefschreibers vor Bundesgericht sei ungewiss. Dieser hatte in einem am 4. Juni 1998 in der «Rheintalischen Volkszeitung» publizierten Leserbrief unter anderem einen Gemeinderat seiner Wohngemeinde Altstätten SG unter Namensnennung kritisiert. Der Politiker klagte auf Ehr- und Persönlichkeitsverletzung und erhielt am 23. November 1999 vor dem Bezirksgericht Oberrheintal Recht. Unter dem Titel «Leserbriefschreiber verurteilt» berichtete die «Rheintalische Volkszeitung» ausführlich und detailliert über dieses Urteil. Nachdem das St. Galler Kantonsgericht eine Berufung des Leserbriefschreibers abgewiesen hatte, erhielt er vor Bundesgericht aber mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde Recht. Das oberste Gericht hob das Urteil auf. Im 20-Zeilen Bericht der «Rheintalischen Volkszeitung» vom 28. März fehlte jedoch der Hinweis auf den zwingenden Freispruch des Leserbriefschreibers, kritisiert der Schweizer Presserat. Ob die kurze Berichterstattung über den Freispruch angemessen sei, liess er allerdings offen.

Als «unverhältnismässig» beurteilte der Presserat jedoch das Haus- und Publikationsverbot der «Rheintalischen Volkszeitung» gegen den Leserbriefschreiber, das am 4. Mai 1999 erlassen wurde. Die Zeitung habe von ihrer damaligen Androhung, den Namen des Leserbriefschreibers nicht mehr zu erwähnen nur sehr inkonsequent Gebrauch gemacht. Sie habe dessen Namen genannt, wenn es etwas Nachteiliges über ihn zu berichten gegeben habe. Gleichzeitig sei ihm aber der Abdruck von Leserbriefen verweigert worden.