Übertreibungen in einem satirischen Kommentar sind berufsethisch erlaubt. Auch dürfen Themen, bei denen einzelne Fakten zwischen den Kontrahenten umstritten sind, zum Gegenstand eines solchen Kommentars gemacht werden. Allerdings, so der Schweizer Presserat, müsse darauf geachtet werden, dass nicht ein Teil des Publikums die satirischen Übertreibungen für bare Münze nehme. Konkret ging es um eine Gastkolumne zur Freisetzung der Luchse in der Schweiz, die in der Westschweizer Zeitung «Tribune de Genève» veröffentlicht worden war. Darin wurde in übertriebener Weise behauptet, mit der Überwachung seien Dutzende von Beamte beschäftigt. Dies verursache Kosten in zweistelliger Millionenhöhe. Ein Sprecher des WWF Schweiz gelangte daraufhin an den Presserat und machte geltend, die Kolumnistin habe mit ihren unhaltbaren Übertreibungen gegen die Wahrheitspflicht verstossen. Zudem habe sie wesentliche Informationen unterschlagen. Mit dem 1,4 Mio. Fr. würden nicht Beamte bezahlt, sondern projektbezogene Arbeitsstellen finanziert. Der Presserat meinte daraufhin, eine Verletzung der Berufsethik könne weder aus der ungenauen Verwendung des Beamtenbegriffs, noch aus der Angabe offensichtlich übertriebener Zahlen abgeleitet werden. Die Übertreibungen seien bei einer Gesamtbetrachtung des Textes als solche erkennbar. Die Fakten die der Kommentierung zugrunde lägen, seien zudem nicht offensichtlich unwahr. Dementsprechend habe die Redaktion ihre berufsehtische Pflicht mit dem Abdruck des Gastkommentars nicht verletzt.
Dienstag
19.06.2001