Nach längeren Recherchegesprächen sind Medienschaffende verpflichtet, alle zur Publikation vorgesehenen Aussagen von ihren Gesprächspartnern autorisieren zu lassen. Dies gelte nicht nur für die direkten Zitate, sondern auch für die auf seinen Aussagen beruhenden indirekten Zitate, Beschreibungen und Feststellungen. Zu diesem Schluss kam der Presserat bei der Beurteilung einer Beschwerde gegen «Facts». Das Nachrichtenmagazin hatte im Januar 2001 ein Porträt über den Psychologen der TV3-Sendung «Big Brother» veröffentlicht. Dieser gelangte an den Presserat und rügte, ihm seien nicht alle ihn betreffenden Passagen zur Autorisierung vorgelegt worden. Zudem habe «Facts» nicht alle verlangten Korrekturen berücksichtigt. Gemäss Presserat sind Medienschaffende verpflichtet, zumindest darauf hinzuweisen, wenn sie verlangte Korrekturen nicht übernehmen. «Facts» habe deshalb die berufsethischen Regeln verletzt, da vereinbarte Korrekturen unberücksichtigt geblieben seien.
Für Daniel Waser, Zentralsekretär des Schweizerischen Verbandes der Journalistinnen und Journalisten (SVJ), ist dieser Entscheid des Presserates «praxisfremd und nicht durchdacht»: «Wenn Medienschaffende stets alles autorisieren lassen müssen, fragt sich, wo ihre Unabhängigkeit bleibt.» Waser empfiehlt den Medienschaffenden, diesen Entscheid zu ignorieren und wie bisher weiterzuarbeiten - er sei «zu schwammig». Dass direkte Zitate dem Gesprächspartner vorgelegt werden, ergebe aus der journalistischen Sorgfaltspflicht. Jedoch kritisiert Waser das «Korrekturrecht»: Er frage sich, was mit inkriminierten Stellen geschehen soll, da ja dem Interviewten kein Korrekturrecht eingeräumt werde. «Dann müsste der Artikel wohl dahingehend umgeschrieben werden, dass der Gesprächspartner mit der Stelle nicht einverstanden sei, man jedoch trotzdem daran festhalte.» Die vollständige Stellungnahme 30/2002 finden Sie unter http://www.presserat.ch/15570.htm
Dienstag
09.07.2002