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Sonntag
12.12.2010

Mit der eiligen Mitteilung über den Abbruch der Geschäftsbeziehungen zu Wikileaks-Gründer Julian Assange wollten die Postfinance-Verantwortlichen möglichst schnell aus den internationalen Schlagzeilen. Damit begannen die Schwierigkeiten aber erst. Nicht nur Hacker nehmen die Postfinance seither ins Visier, sondern auch die Justiz: Die Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland prüft, ob das Vorgehen der Post eine strafbare Handlung gegen das Postgeheimnis darstellt. Gleichzeitig hat die Bundesanwaltschaft Abklärungen gestartet, ob sie auf Grund der Stellung der Post als Bundesbetrieb für ein allfälliges Strafverfahren zuständig sei. Dies schreibt die «SonntagsZeitung» in der jüngsten Ausgabe.

Problematisch an der Mitteilung von Postfinance sei nicht die Bestätigung, dass Assange ein Konto hatte, sondern dass sie den Abbruch der Geschäftsbeziehung unter Angabe von Gründen aktiv gegen aussen kommunizierte. Der Strafrechtsexperte Niklaus Oberholzer, der den Abschnitt über den Postgeheimnisartikel in einem Standardwerk zum Strafrecht verfasst hat, wäre nicht überrascht, wenn ein Verfahren eingeleitet würde. Er argumentiert mit einer Analogie zum Anwaltsgeheimnis: «Wenn ein Anwalt seinem Klienten das Mandat zurückgibt, darf er das auch nicht öffentlich machen.» Tue er es trotzdem, riskiere er nicht nur ernsthafte standesrechtliche, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen.

Postfinance-Sprecher Marc Andrey hält dagegen: «Wir sind der Meinung, dass keine Verletzung des Postgeheimnisses vorliegt.» Wikileaks-Unterstützer fordern nun rechtliche Schritte: «Weil der Bruch des Postgeheimnisses ein Offizialdelikt ist, müssen die Strafverfolgungsbehörden zwingend tätig werden», sagt Denis Simonet, Präsident der Schweizer Piratenpartei. Auch FDP-Nationalrat Ruedi Noser, der schon vergangene Woche das Vorgehen von Postfinance kritisiert hatte, meint: «Wenn das Postgeheimnis verletzt wurde, ist das natürlich zu untersuchen.»