Die St. Galler Hauptpost hatte es im Dezember 1999 abgelehnt, die Nachrichten des Vereins gegen Tierfabriken (VgT) des streitbaren Tierschützers Erwin Kessler als unadressierte Massensendung zu verschicken. Zu Unrecht, wie das Bundesgericht am Dienstag ein Urteil des Thurgauer Obergerichts bestätigte. Die Lausanner Richterinnen und Richter kamen einstimmig zum Schluss, dass die Post die vierteljährlich erscheinenden VgT-Nachrichten im Rahmen ihrer Wettbewerbsdienste befördern muss. Da sie in diesem Bereich wie ein Privater auftrete, sei sie bei der Wahl ihres Vertragspartners zwar grundsätzlich frei. Weil sie als marktmächtiges Unternehmen ihre Leistungen jedoch öffentlich anbiete, dürfe sie eine Beförderung nur aus sachlichen Gründen verweigern. Das treffe bei der von der Post behaupteten Rufschädigung nicht zu. Ihre Weigerung laufe deshalb auf eine Diskriminierung des VgT hinaus, zumal dieser für den Versand seiner Publikationen keine zumutbaren Ausweichmöglichkeiten habe. Konkret hatte die Post für ihre Weigerung angeführt, der Inhalt der VgT-Nachrichten bringe sie bei den darin angeprangerten Nutztier-Haltern in Verruf. Laut Bundesgericht reicht ein missliebiger Inhalt für die Beförderungsverweigerung aber nicht aus. Sachlich vertretbar wären etwa strafbare Äusserungen. Das Thurgauer Obergericht hatte im vergangenen Juli den erstinstanzlichen Entscheid des Bezirksgerichts Frauenfeld bestätigt, wonach die Post beförderungpflichtig ist.
Dienstag
07.05.2002