Was war zuerst da, das Huhn oder das Ei? - Darüber streiten sich derzeit die Schweizerische Post und Syndicom. Während die Umstrukturierung nach Ansicht der Post «eine Reaktion auf den digitalen Wandel» darstellt, sieht die Gewerkschaft darin in erster Linie eine Sparmassnahme und eine Abnahme des Service Public. Deshalb will Syndicom am alten Modell mit den Poststellen festhalten.
Die Post findet, dass das Konzept mit den Poststellen teilweise veraltet ist und will künftig vermehrt auf alternative Zugangsmöglichkeiten setzen. «Der digitale Wandel findet statt, auch bei der Post. Die Kundenbedürfnisse ändern sich. Poststellen werden immer weniger benutzt», sagt Mediensprecher Oliver Flüeler zum Klein Report.
Diesen Wandel des Nutzungsverhaltens belegte die Post: Am Postschalter werden weniger Briefe abgegeben, weniger Pakete verschickt und auch der Zahlungsverkehr nimmt ab. Syndicom wiederum ist der Ansicht, dass nicht der Wandel des Nutzungsverhaltens, sondern die Auslagerung von Dienstleistungen hin zu Agenturen für die abnehmenden Nutzungszahlen verantwortlich ist.
Das dementiert Flüeler vehement: «Der Treiber für die Umstrukturierung ist, dass die Gesellschaft und die Kunden heute andere Bedürfnisse haben und nicht umgekehrt. Die Post reagiert damit auf einen stattfindenden Wandel», sagt der Mediensprecher dem Klein Report.
Als Kostentreiber nennt Oliver Flüeler die «extrem teure Sicherheitsinfrastruktur» in den Poststellen. «Um den Barzahlungsverkehr abwickeln zu können, braucht es einen Tresor, eine Alarmanlage. Poststellen sind Hochsicherheitseinrichtungen. Die Kosten sind enorm hoch, dies auch unter dem Gesichtspunkt, dass heute immer mehr mit der Karte bezahlt wird.»
Allerdings sind nicht nur die Poststellen, sondern auch zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von den Umstrukturierungen betroffen. «Es sind maximal 1'200 Mitarbeitende betroffen, was 700 Vollzeitstellen entspricht», so Flüeler. «Wir werden alles unternehmen, dass es nicht zu Entlassungen kommt», verspricht der Mediensprecher und nennt dabei die ordentliche Fluktuation sowie die «Möglichkeiten innerhalb des grossen Konzerns».
In Stein gemeisselt sind die aktuellen Zahlen noch nicht. «Sie sind abhängig von den Gesprächen, die wir mit den Kantonen führen werden», sagt Flüeler. Künftig wolle man den Leuten vor Ort auch besser erklären, warum und wie es zu den Veränderungen kommt. Sein Urteil ist jedoch klar: «Von der Post zu verlangen, dass sie weiterhin alle traditionellen Poststellen betreibt, ist, wie wenn die Swisscom trotz des Technologieschubes alle Telefonkabinen stehen lassen müsste».
Die Gewerkschaft Syndicom forderte in einer ersten Stellungnahme, dass bei Auslagerungen alle Personen, die Postdienstleistungen erbringen, zu den Bedingungen des Post-GAV angestellt werden sollen. «Der aktuelle GAV ist erst ein Jahr alt und Ergebnis von zweijährigen Verhandlungen. Wir halten uns an den vertraglich vereinbarten, neuen Gesamtarbeitsvertrag», entgegnet Flüeler schliesslich gegenüber dem Klein Report.