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Mittwoch
05.03.2025

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«Der Respekt vor der Polizei ist im Verlauf der Jahre gesunken», sagt der scheidende Medienchef der St.Galler Kantonspolizei... (Bild: zVg)

«Der Respekt vor der Polizei ist im Verlauf der Jahre gesunken», sagt der scheidende Medienchef der St.Galler Kantonspolizei... (Bild: zVg)

Nach 17 Jahren ist Schluss. Mit Medienchef Hanspeter Krüsi geht eine der populärsten Persönlichkeiten der St. Galler Kantonspolizei im Oktober in Pension. 

Für den Klein Report unterhielt sich Thomas Renggli mit dem 62-Jährigen über Mord, Totschlag, die richtige Wortwahl – aber auch über die humoristischen Seiten des gelernten Konditors.

Sie sind seit 16 Jahren als Mediensprecher für die Kantonspolizei St. Gallen tätig. Welches war das prägendste Erlebnis?
Hanspeter Krüsi
: «Ein einzelnes Ereignis hervorzuheben, ist nicht möglich. Ich wurde mit vielen tragischen Vorfällen konfrontiert – sei es bei Flugzeugabstürzen, Naturkatastrophen oder Tötungsdelikten. Und immer stehen Menschen im Zentrum. Da blickt man teilweise in Abgründe, die man nicht für möglich gehalten hätte. Es ist die Nähe zu den Menschen und ihren Geschichten, die meinen Beruf spannend und schön, aber manchmal auch beklemmend und traurig macht.»

Gab es einen Moment, als Ihnen die Worte fehlten?
Krüsi: «Nein, denn schliesslich ist dies mein Job. Aber wenn man die Probleme sieht, die sich bei anderen auftun – im familiären Umfeld, bei häuslicher Gewalt oder bei Jugendlichen –, ist man selber extrem froh, wenn die eigene Familie intakt ist.»

Kann man in Ihrem Job am Abend nach Hause – und abschalten?
Hanspeter Krüsi: «Das muss ich sogar. Man darf in einem solchen Beruf die Probleme von anderen nicht an sich heranlassen. Aber selbstverständlich gibt es Dinge an einem Tatort, die einem nicht mehr aus dem Kopf gehen. Ich erinnere mich an ein Tötungsdelikt. Da war es nicht in erster Linie die tote Person, die mich belastete – sondern das Laufgitter, das wir in der Wohnung vorfanden. Mit anderen Worten: Ein Kind war involviert. Das geht mir bis heute nicht aus dem Kopf.»

Was hat sich in den letzten anderthalb Jahrzehnten verändert?
Krüsi: «Die grösste Veränderung spürte ich während Corona. Die Bevölkerung hat sich teilweise radikalisiert. Anweisungen und Aussagen der Behörden wurden nicht mehr akzeptiert. Da ging viel Respekt verloren – auch vonseiten der Medien. Was sich generell verändert hat, ist das Tempo der Newsverbreitung: Früher gab es einen Redaktionsschluss. Heute sind wir 24 Stunden pro Tag gefordert. Und durch die sozialen Medien besitzt jeder Mensch einen eigenen Informationskanal. Es ist dieser Zeitdruck, der heute viel grösser ist als früher.»

Fürchteten Sie je um Ihr Leben?
Hanspeter Krüsi: «Nein. Ich persönlich erhalte fast nur positive Rückmeldungen. Aber grundsätzlich muss man leider sagen: Der Respekt vor der Polizei ist im Verlauf der Jahre gesunken. Aber von dieser Entwicklung sind auch andere betroffen: Rettungskräfte oder Lehrpersonen. Vielen Menschen fällt es heute schwer, Obrigkeiten zu akzeptieren.»

Gibt es ein Rezept für richtige Kommunikation?
Krüsi: «Wir müssen offen, klar und ehrlich kommunizieren. Oft ist von Transparenz die Rede. Aber bei der Polizei ist dies fast nicht möglich. Schliesslich geht es bei unseren Mitteilungen um Straftaten, um Menschen und um eine gewisse Taktik. Deshalb liegt es nicht drin, immer transparent zu sein.» 

Was raten Sie Ihrer Nachfolgerin oder Ihrem Nachfolger?
Hanspeter Krüsi: «Sie oder er muss wissen, dass sie eine Person der Öffentlichkeit ist – und dass Kommunikation immer eine Gratwanderung ist. Die meisten Probleme im Leben entstehen nicht durch sachliche Aspekte, sondern weil die Kommunikation nicht stimmt. Das sehe ich auch bei mir zu Hause. Mit meiner Frau gibt es praktisch keine sachbezogenen Probleme – wenn etwas nicht stimmt, ist es oft die Kommunikation.»

Ihr Zürcher Berufskollege Marco Cortesi veröffentlichte ein Buch über die richtige Kommunikation. Kommt jetzt das «Krüsi-Buch»?
Krüsi: «Ganz sicher nicht. Ich werde auch nie über einzelne Fälle erzählen oder schreiben. Schliesslich geht es immer um Opfer und um Hinterbliebene. Diesen Menschen fühle ich mich verpflichtet. Es wäre respektlos, nachträglich auf diese Fälle einzugehen.»

Und was darf man von Ihnen sonst erwarten?
Hanspeter Krüsi: «Ich kehre quasi zurück zu meinen Wurzeln. Früher war ich mit einem humoristischen Programm unterwegs. Das möchte ich wieder aufleben lassen – an Firmenanlässen oder Familienfesten. Ich möchte wieder als Moderator und Conférencier auftreten. In den vergangenen Jahren schaute ich in meinem Beruf oft in traurige und bestürzte Gesichter. Nun freue ich mich, die Menschen lachen zu sehen.»