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Montag
25.02.2013

Die Chefredaktorin der Frauenzeitschrift «Annabelle» Lisa Feldmann (54) räumt ihren Sessel offenbar nicht nur aus privaten Gründen. Tamedia-Verleger Pietro Supino hat solche politischen Aktivitäten intern kritisiert. «Politische Kampagnen gehören nicht zu den Aufgaben unserer Medien», sagt Tamedia-Sprecher Christoph Zimmer gegenüber der «NZZ am Sonntag». Mit anderen Worten: «Annabelle» dürfe politisch nicht mehr Stellung beziehen, heisst es in der jüngsten Ausgabe der sonntäglichen NZZ.

Für das Frauenstimmrecht, gegen Armeewaffen zu Hause, für die Frauenquote: Die Frauenzeitschrift «Annabelle» hat sich während ihres 74-jährigen Bestehens für manch politisches Anliegen eingesetzt. «Herr Supino hat unser Engagement für die Frauenquote nicht gerne gesehen», gab Lisa Feldmann der Zeitung zu Protokoll. Am liebsten hätte er die Kampagne, die in der Ausgabe vom letzten Oktober erschien, ganz abgesagt. «Doch da waren unsere Vorbereitungen schon zu weit fortgeschritten», so Feldmann.

Letzten Mittwoch wurde nun die Kündigung bekannt gegeben. Neu übernimmt Feldmann «Interview», die deutsche Ausgabe des von Andy Warhol gegründeten Magazins. Feldmann betont, dass ihre Kündigung nichts mit der Meinungsverschiedenheit zu tun habe, sondern allein mit dem attraktiven Angebot aus Berlin.

Die Kampagne für die Frauenquote vom letzten Herbst umfasste 200 Stimmen von mehr oder weniger bekannten Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und Kultur. Sie alle unterstützten die Forderung, die Lisa Feldmann in ihrem Editorial bewarb: Eine auf fünf Jahre befristete Frauenquote von 30 Prozent in der Unternehmensführung von Betrieben mit mindestens 200 Mitarbeitenden. Mitunterzeichner waren auch diverse Führungskräfte von Tamedia-Medien, die Feldmann für sich gewinnen konnte.

Inzwischen habe die Tamedia ihre publizistischen Leitlinien jedoch so angepasst, dass die Teilnahme von Mitarbeitern an politischen Kampagnen nicht mehr ohne Weiteres möglich sein wird. Die «Anpassung des Reglements zur Wahrung der publizistischen Unabhängigkeit, Lauterkeit und Transparenz» wurde Ende des letzten Jahres zur Unterschrift an alle Tamedia-Mitarbeiter versandt. Offiziell heisst es bei Tamedia lakonisch, die Änderungen hätten nichts mit dem politischen Engagement der «Annabelle» zu tun.