Das Zentrum für politische Schönheit baute in Sichtweite des Wohnhauses von AfD-Politiker Björn Höcke das Berliner Holocaust-Mahnmal nach. Das ZPS nannte dies: «Zivilgesellschaftlichen Verfassungsschutz». Höcke klagte wegen der Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte.
Nun fiel das Urteil des Landgerichtes Köln, das noch nicht rechtskräftig ist, aber für die Kunstfreiheit eine grosse Lanze bricht. Politikwissenschaftlerin Regula Stämpfli kommentiert für den Klein Report.
Nach eigenem Bekunden ist das Zentrum für politische Schönheit (ZPS) eine «Sturmtruppe zur Errichtung moralischer Schönheit, politischer Poesie und menschlicher Grossgesinntheit.» Die Aktionen sind krass, beeindruckend, kontrovers, erreichen aber nicht nur die Öffentlichkeit, sondern schaffen Nachrichten, die in den Medien meist untergehen. Dass Deutschland im Sommer 2015 mit grosser ziviler Hilfsbereitschaft und demokratischem Engagement viele hunderttausende Flüchtlinge aufgenommen hat, ist auch den spektakulär informativen und im wahrsten Sinne einer kritischen Öffentlichkeit entsprechenden Aktionen des ZPS zu verdanken.
Mauerkreuze an der EU-Grenze, die Beerdigung einer ertrunkenen Mutter, Flüchlinge fressen, Flugblätter über dem Gezi-Park zur Beseitigung Erdogans niederwerfen oder auch die «Entköppelung der Schweiz» gehören zum «Repertoire» des ZPS. Das ZPS versteht es, den Medien und der Politik den bigotten Spiegel vorzuhalten und wieder und wieder auf Rechtsstaat, Humanität und Demokratie hinzuweisen. Einige Aktionen, wie die gegen Roger Köppel und die gegen Björn Höcke, waren aufgrund der Verknüpfung von Person und Politik grenzwertig.
Doch nun hat das Zentrum für politische Schönheit im Fall von Björn Höcke einen wichtigen juristischen Sieg errungen. Wenn der Klagende, wie Höcke, sich selber mit Privatem in der Öffentlichkeit «verkauft», dann können auch Kunstprojekte durchaus in die Privatsphäre eines Menschen eingreifen. Denn die angeblichen «Überwachungsvideos» – das ZPS hat behauptet, aus der Nachbarschaft direkt Björn Höckes Haus zu überwachen – stammten ausschliesslich aus Fotos und Videos, die Höcke selbst veröffentlicht hatte.
Die Kunstaktion zeigte auch, wie der deutsche Verfassungsschutz auf dem rechten Auge blind ist: Der spektakuläre NSU-Fall, die Ermordung zahlreicher Zivilpersonen durch Rechtsextreme, belegt diesen Vorwurf mehr als deutlich. Das Vorgehen des ZSP wurde vom Gericht in diesem Fall vollumfänglich geschützt. Was nicht ginge, so das Urteil weiter, sei allerdings, Björn Höcke privat, hinter dessen Fenster in der Wohnung, zu zeigen.
Das Zentrum für politische Schönheit hat damit nicht nur erreicht, dass Björn Höcke, der gemäss Gericht «laut auf Marktplätzen und in Hinterzimmern hetzt», der den «millionenfachen Massenmord vergessen machen will», der Menschen «entsorgen» will, sich durchaus Widerspruch und Kunstaktionen gefallen lassen muss.
Dieses Urteil hat nicht nur die Kunstfreiheit als Politik geschützt, sondern dem ZSP und seinen Unterstützenden ein Zeichen gegeben, weiterzumachen. Denn einer Politik aus den Fugen muss mit einer Kunst aus den Fugen begegnet werden.