Peter Studer ist am Dienstag im Zürcher Kaufleuten für sein Lebenswerk mit dem Zürcher Journalistenpreis ausgezeichnet worden. Im Gespräch mit dem Klein Report sagt der Ex-Chefredaktor von «Tages-Anzeiger» und Schweizer Fernsehen, an welchen Stellen sich die Medienlandschaft seit den 1960er-Jahren am stärksten verändert hat.
Sie sind mit dem Zürcher Journalistenpreis für Ihr Gesamtwerk geehrt worden, erstmal herzliche Gratulation. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Peter Studer: «Die Auszeichnung freut einen Pensionär natürlich, der sich seit 60 Jahren an vielen Fronten um Medienqualität bemüht. Besonders weil die Jury betonte, es gehe nicht um einzelne Aussagen, sondern um die pädagogische Breite des Bemühens.»
In den 1980er-Jahren waren Sie Chefredaktor des «Tages-Anzeigers». Heute schnüren die Redaktionen ein Sparpaket nach dem andern und kleiden ihre Zeitungen in Mäntel «von der Stange». In der langen Sicht: Geht es mit Medienvielfalt und Qualitätsjournalismus bachab?
Studer: «Die Medienvielfalt nimmt sicher ab, wenn wir die Anzahl der selbständigen Titel und Redaktionen vergleichen. Aber die Befunde sind komplex. Wenn früher viele Blätter ihre Auslandteile mit zusammengeklebten Agenturmeldungen füllten, bringen die Partnerschaften zwischen Tamedia und ´Süddeutscher Zeitung` einer grossen Zahl von weltpolitisch Interessierten echten Mehrwert. Falls auch noch schweizerische Kommentierung Platz hat…»
Welche Weichen haben die Zeitungsverlage falsch gestellt?
Studer: «Unheilvoll war der Flirt mit Gratismedien – in der Schweiz mehr als in Deutschland. Breite Schichten gewöhnten sich ab, dass gedruckte Medien etwas kosten – gerade auch die Einordnung und Aufbereitung des Rohmaterials.»
Den Zeitungshäusern wandern die Inserateeinnahmen zu Google und Facebook ab, während die Einträglichkeit ihrer Online-Titel weiterhin schwächelt. Wie kann die Finanzierungslücke überbrückt werden? Braucht es neue Geschäftsmodelle?
Studer: «Neue Geschäftsmodelle mit Einbezug von Stiftungen und Crowdfunding (´Republik`) sind zu testen.»
Heute kommen neue Financiers in die Medienbrache. Gleichzeitig wird eine Konzentration der Eigentümerverhältnisse diagnostiziert. Sehen Sie Stellen, an denen es ungemütlich werden könnte für die journalistische Unabhängigkeit?
Studer: «Ich habe grosse Bedenken wegen der fortschreitenden Vermischung von immer raffinierterer PR, die sich als Journalismus tarnt, zum Beispiel ´Native Advertising`, trotz aller Beschwichtigungen.»
Die jungen Journalisten, die heute in die Branche kommen, kennen die analogen Zeiten, als Information nur über Papier und Rundfunk verbreitet wurde, nur vom Hörensagen. Wo hat sich der Journalismus mit der Digitalisierung am krassesten verändert?
Studer: «Die krasseste Veränderung ist der Zeitmangel für Recherche und sorgfältige journalistische Arbeit – auch themendefinierend und sprachlich.»