Peter Glotz, Direktor des MBA-Programms «Media and Communication» des Instituts für Medien- und Kommunikationsmanagements der Universität St. Gallen, betitelte seinen Vortrag mit «Der Wert der Medien ist höher als ihr Preis». Eine Aussage in Anlehnung an den britischen Politiker Bulwer Lytton. Dieser meinte 1855 im britischen Unterhaus: «Wenn ich der späten Nachwelt ein Denkmal der heutigen Zivilisation hinterlassen wollte, ... so würde ich einem Band der Times den Vorrang geben.» Die Zeitung als Kunstwerk, Denkmal und Spiegel von Zeitgeist und Lebensstil. Und das zu fast keinem Preis. Doch warum sind die Zeitungen in eine Krise geraten? «Zu lange haben wir, da zähle ich mich dazu, angenommen, die Tageszeitung habe aufgrund ihres kulturellen Mandats auch eine Art Bestandes- oder Entwicklungsgarantie», hält Glotz fest, «das gilt nur zum Teil.» Fakt sei, dass die Tageszeitungen über 20 Jahre deutlich an Reichweite verloren haben - insbesondere bei der jungen Leserschaft.
«Die Rubrikanzeigen, das wissen wir alle, kommen nicht zurück. Überregionale Zeitungen werden innerhalb der nächsten acht Jahre um die Hälfte ihres Umsatzes mit Stellen- und Automobilanzeigen sowie 40% bei den Immobilienanzeigen gegenüber heute einbüssen», so seine Prognose. Eine realistische Formulierung der Ziele heisst für Glotz, dass erstens eine zunehmende Konzentration unvermeidbar sein werde: «Man muss schon die Alleinstellung in einer grossen und ertragbaren Region haben, wenn man künftig als Verleger einer einzigen Zeitung durchkommen will.» Zweitens werde der Online-Journalismus bei den jüngeren Jahrgängen zu einem beachtlichen Konkurrenten der Zeitung werden. «Unsere Experten schätzen, dass die durchschnittliche individuelle Nutzungsdauer von Online-Angeboten bei Internet-Nutzern in den nächsten vier Jahren um 25% und in acht Jahren um 45% gegenüber dem Niveau von heute steigen werde. Das heisst: Die Zeitungen müssen sich auf kleinere Auflagen einstellen.» Drittens meinte Glotz unumwunden: «Die überregionale Zeitung ist nicht tot... aber man muss sich sehr anstrengen.»
Dienstag
06.01.2004