Wer die Medien über eine mögliche Regelwidrigkeit informiert, kann damit eine Persönlichkeitsverletzung begehen, auch wenn es keinen Straftatbestand darstellt, wenn man die zuständigen Behörden über den Verdacht in Kenntnis setzt. Dies ergibt sich aus der am Donnerstag veröffentlichten Begründung eines Urteils des Kantonsgerichts St. Gallen. Hintergrund des Urteils ist eine Auseinandersetzung zwischen Margrit Kessler, Präsidentin der SPO (Schweizerische Patientenorganisation), und Chirurgie-Chefarzt Jochen Lange vom Kantonsspital St. Gallen. 2001 hatte Kessler ein Operationsprogramm Langes öffentlich gemacht, wonach dieser an einem einzigen Tag 13 Patienten operiert habe.
Weil dies für die SPO-Chefin ein Ding der Unmöglichkeit ist, informierte sie den Verein leitender Spitalärzte der Schweiz (VLSS) und das St. Galler Gesundheitsdepartement. Damit habe Kessler die Persönlichkeit Langes nicht verletzt, sondern ihre Bedenken zum Wohl der Patienten bei zuständigen Stellen deponiert, befand das Gericht. Hingegen habe sie eine Persönlichkeitsverletzung begangen, als sie die Redaktion der Sendung «10vor10» des Schweizer Fernsehens und einen freien Journalisten informierte. Die gegen Lange gerichtete Pranger-Wirkung habe kein geeignetes Mittel zum gerechtfertigten Zweck dargestellt, heisst es in der Urteilsbegründung. Jetzt muss Margrit Kessler total 7000 Franken Schadenersatz und Genugtuung bezahlen.
Donnerstag
24.11.2005