Über fünf Jahre nach der Einreichung einer parlamentarischen Initiative zur Aufhebung von Artikel 293 StGB steht nun fest, dass das Parlament am umstrittenen «Maulkorb-Paragrafen» festhalten will. Er wird jedoch dahingehend geändert, dass den Gerichten eine Abwägung zwischen Geheimhaltungsinteresse und Informationsinteresse der Öffentlichkeit erlaubt wird.
Dies beschloss der Ständerat mit 32 zu 11 Stimmen und stimmte damit dem «Revisionsentwurf» der Rechtskommission des Nationalrates zu. Der Entwurf wurde von der Rechtskommission der kleinen Kammer ebenfalls zur Annahme empfohlen.
Eine Minderheit um die Ständeräte Christian Levrat, Robert Cramer und Daniel Jositsch hatte bis zum Schluss für die Aufhebung von Artikel 293 StGB gekämpft, nach welchem mit Busse bestraft wird, wer geheime Akten, Verhandlungen oder Untersuchungen einer Behörde an die Öffentlichkeit bringt.
SP-Ständerat Jositsch bemängelte dabei vor allem, dass Journalisten in Situationen kommen können, in denen sie selbst entscheiden müssen, ob ein «überwiegendes Interesse» an einer Veröffentlichung von Informationen bestehe. Ob diese Entscheidung dann jedoch falsch gewesen sei, erfahre der Journalist erst, wenn er vom Gericht mit einer Strafe belegt werde.
Zudem besteht laut dem Zürcher Strafrechtsprofessor die Gefahr, dass Journalistinnen und Journalisten als «Hilfsgeheimnisträger» missbraucht würden. «Wenn man das tut, unterwandert man faktisch den Quellenschutz, den Journalisten geniessen, indem man ihnen sagt, sie müssten zwar die Quellen nicht bekanntgeben, aber sie würden trotzdem bestraft», sagte er in der Debatte am Dienstag.